Dienstag, 2. November 2021

Der Herr als Reflective Practitioner


TPE ist eine Lebensform, die von denen, die sie leben, einiges abverlangt, denn ihren Reiz bezieht sie aus der Absolutheit ("total") einer Zuschreibung: einer bekommt die Verantwortung/Macht ("power"), der andere gibt sie vollumfänglich ab ("exchange"). Aber realiter ist natürlich alles etwas komplizierter als es die Auflösung eines Akronyms darstellen kann.


Nun könnte man sich ja fragen, wenn es doch eine selbst gewählte Lebensform ist, die für beide reizvoll ist, wo liegt denn da die Anstrengung? Es geht doch schließlich um Lust, um Trieb, Veranlagung. Müsste sich das nicht alles – gleichsam natürlich – zum Besten fügen? (Und anders betrachtet: wenn es das nicht tut, ist es für den einen oder beide vielleicht die falsche Form?) Dieses Weblog, über weite Strecken Protokolle einer unzufriedenen Frustschreiberin, legt von den Anstrengungen beredt Zeugnis ab.


Ich denke, dass derjenige, der TPE unter dem Aspekt der Veranlagung sieht, einen Kategorienfehler begeht; Veranlagung ist nicht anstrengend, sie ist. Es gibt Menschen, die es genießen können, wenn jemand Macht über sie hat. Es gibt andere Menschen, die diese Macht gerne ausüben. (Und umgekehrt mögen die Menschen des ersten Schlags nicht gerne Verantwortung übernehmen, obwohl sie es zweifelsohne könnten, und die Menschen zweiten Schlags ertragen es vielleicht nicht, dass man über sie bestimmt.) Das ist die Veranlagung, und sie ist tief in uns drin. Und wer diese Veranlagung schon einmal im Keller eingesperrt hat, etwa um gesellschaftlichen Konventionen Genüge zu tun, der weiß, dass sie dann immer noch da ist und wie ein hungriges Tier an der Kellertür scharrt.


TPE ist eine Lebensform, die sich die Menschen mit den oben genannten Veranlagungen aussuchen, die das Machtgefälle zu einem wesentlichen, vielleicht dem wesentlichen Element ihrer Beziehung machen wollen. Lebensformen sind keine Veranlagungen; sie sind soziale Strukturen, die etabliert und eingeübt sein wollen. (So wie jede andere Form von Lebensform auch.)


Alles, was man etablieren und einüben muss, hat mit Lernen zu tun. Man erwirbt Wissen und Fertigkeiten, mittels derer man dann Herausforderungen bearbeitet. Diese Prozesse kennt man aus Schule und Arbeitswelt, aber auch das Leben ist etwas, das man einübt. Weite Teile der (antiken) Philosophie beschäftigen sich damit, wie man ein gutes Leben führt, die moderne Rezeption spricht von "Lebenskunst". Der französische Philosoph Pierre Hadot, der sich intensiv mit dieser antiken Lebenskunst auseinandergesetzt hat, spricht von "Exerzitien der Weisheit" oder auch "geistigen Übungen"; er spielt damit auf die exercitia spiritualia von Ignatius von Loyola, dem Begründer des Jesuitenordens, an, die er als die christliche Version der antiken Übungen auffasst.


Nach diesem kleinen geistesgeschichtlichem Schlenker will ich ein paar Überlegungen dazu anstellen, wie geistige Übungen dieser Art dazu beitragen können, eine Lebensform zu etablieren und einzuüben. Dazu muss ich aber noch eine andere Theorie bemühen, die des Reflective Practitioner, die der Philosoph Donald A. Schön im Kontext von Organisationspsychologie und Berufsforschung entwickelt hat: Wenn ich eine Tätigkeit erlerne, durchlaufe ich verschiedene Kompetenzstufen; ich beginne als Anfänger, entwickle mich zunehmend und beende den Lernprozess hoffentlich als Experte oder "Profi". Der Unterschied zwischen dem Anfänger und dem Profi ist für Schön dabei nicht so sehr das erworbene Wissen, sondern die Fähigkeit, über auftretende Probleme nachzudenken. Der Anfänger braucht viel Zeit und kann erst nachträglich über die problematische Situation nachdenken ("reflection-on-action" in den Worten Schöns), der "Profi" – als Reflective Practitioner – kann dies, während die problematische Situation auftritt, und fast instantan auf sie reagieren ("reflection-in-action").


Was hat alles das mit TPE zu tun? – TPE, sagte ich eingangs, ist eine Lebensform, aber es ist keine, in die man in seiner Kindheit eingeübt wird. Im Gegenteil: diese Lebensform wird – wenn überhaupt – viel, viel später eingeübt, und sie befindet sich im Konflikt mit dem, was man durch Enkulturation und Sozialisation über Lebensformen lernt. (Kurzes Gedankenexperiment: wie verliefe wohl unsere Jugend und unser Leben, wenn wir schon in der Adoleszenz neigungsgerecht sozialisiert würden und lernten, mit Sklaven umzugehen oder als Sklaven zu leben?) Man wird vielleicht mit dominanter und devoter Veranlagung geboren, aber in einer TPE-Beziehung leben, das muss man einüben. Deshalb gibt es ja auch soviel Pornographie und Literatur zum Thema "slave training" und auch die berühmte Histoire d'O ist ja im Grunde die Geschichte eines solchen Sklavinnentrainings, das sich ja vielerorts großer Beliebtheit erfreut in einer Art Cosplay (O-Zirkel etc.) nachgestellt wird. Die Histoire d'O erwähne ich hier aber noch aus einem anderen Grund; liest man sie mit wachem Verstand, dann fällt auf, wieviel in Os Geschichte sich als "geistige Übung" im oben genannten Sinn verstehen lässt. Die Regeln von Roissy sind angelegt als Exerzitien, und an mehr als einer Stelle vergleicht O sich mit einer Novizin, die in eine Glaubensgemeinschaft eintritt, und auch in Samois wird viel Zeit darauf verwendet, den Sklavinnen dort die richtige "geistige" Einstellung zu vermitteln. Es geht eben nicht nur darum, der eigenen Veranlagung zu frönen, es geht darum, sein Leben einer strengen Ordnung zu unterwerfen. – Das ist die Anstrengung der Sklavin, und Haustierchen hat das in ihrer plastischen Sprache wie folgt auf den Punkt gebracht: "TPE beginnt da, wo der Spaß aufhört."


Aber vor der Anstrengung der Sklavin liegt die Anstrengung des Herrn; sie ist nicht größer oder kleiner als die der Sklavin, sie ist anderer Natur. Die Anstrengung des Herrn in der Lebensform TPE liegt darin, diese strenge Ordnung zu entwerfen und sie mit Leben zu füllen. So wie man bei der Erlernung einer Tätigkeit von Anfänger und Profi sprechen kann, so kann man es auch im Hinblick auf die Ausgestaltung der Lebensform TPE. Ideen haben, ist leicht ("meine Sklavin läuft nur nackt herum", "sie sieht mir nie ins Gesicht und ist immer respektvoll"), das gelingt dem Anfänger wie dem Profi. Diese Ideen von der Konzeptebene auf die Handlungsebene zu bringen, sie zu konkretisieren und im tatsächlichen Alltag unterzubringen, das ist weniger leicht; und hier unterlaufen dem Anfänger Fehler, er muss im Nachgang darüber nachdenken. Der Profi kann schon in der Situation gegensteuern, er denkt beim Tun. (Beides ist aber mit Anstrengung verbunden, und man darf nicht vergessen, es handelt sich ja um die Ausgestaltung der konkreten Lebensform bestimmter Menschen, nicht um ein Laborexperiment.)


In einer gelingenden TPE-Beziehung müssen sowohl "reflection-on-action" als "reflection-in-action" ihren Platz haben; und vielleicht gelingt das am ehesten, wenn man sich vor Augen führt, dass eine solche Lebensform eingeübt sein will – und dass für diese Einübung eine ganz Kulturgeschichte von Exerzitien und geistigen Übungen zur Verfügung steht, aus der man sich bedienen kann.


Dieses Blog zeigt recht eindrücklich, was passiert, wenn man die Konzeptebene hochhängt und – amateurhaft – mal etwas etabliert, ohne es in einem für beide Seiten strengen Rahmen zu stellen: zu wenig "reflection-in-action", zuviel Konzeptebene, die "geistigen Übungen" fehlen, die den Übergang zur Handlungsebene bahnen. Als Reflective Practitioner sollte der Herr solche Fehler sehen und idealer Weise in der Situation schon korrigieren können. Zum Beispiel durch ein Repertoire von Handlungsoptionen, mit denen er schnell Status etabliert.


Meine Aufgabe: von der Konzeptebene, die mir liegt, auf die Handlungsebene herunterkommen, auf der ich oft nicht konsequent agiere und es dadurch Haustierchen und mir schwermache, in unserer selbst gewählten Lebensform glücklich zu leben. (Dazu gehört auch, "geistige Übungen" so anzulegen, dass externe Einflüsse diese Lebensform nicht ohne Weiteres ins Wanken bringen können.)

Montag, 1. November 2021

Bescheidenheit

 Vorgestern kündigte Monsieur an, es würde an Halloween ein Haustierchen-Training-Tag geben.

Gabs nicht.

Statt dessen hatten wir klassisches Halloween, also verkleidete ich mich, wie jedes Jahr, als Werwolf und Monsieur wollte keine Schminke.

Ich dekorierte ein wenig, stellte Süßigkeiten für Kinder, die eventuell klingeln könnten, bereit und wir schauten ein paar Horrorfilme.

Monsieur meinte, jeder sucht drei Stück aus und wir schauen die Nacht durch!

Naja, er schlief dann immer wieder gegen 0 Uhr ein, ging Zähne putzen, wurde dadurch wieder wach, also schauten wir noch einen, bei dem schlief er auch mehrfach ein, wollte dann, weil wir abwechselnd seine und meine Vorschläge geschaut hatten, trotzdem noch meinen anschauen und bekam nicht viel mit vom Film.

DS war, dass ich nackt unter meiner Decke war.






Heute morgen bat ich Monsieur total unterwürfig und demütig darum, dass er heute den Frühstückstisch decken könnte und das tat er!

Meine Aufgabe war es, frisch rasiert und geduscht, auf allen Vieren, Stirn auf dem Blattkissen unter mir, den Arsch hoch zu recken, mit gespreizten Schenkeln, so dass Monsieur einen schönen Anblick hatte und wann immer er wollte, zugreifen konnte.

Während die Brötchen in den Ofen kamen, durfte auch ich kommen, durch seine Hand, denn mehr steht mir nicht zu und es dauerte auch nicht lange, so dass sie nicht anbrannten, sondern perfekt wurden.

Monsieur ließ mich dann noch einen Moment liegen, deckte mich fürsorglich zu und erledigte den Rest.

Der Tisch war perfekt gedeckt und mir ging mein Herz über.






Leider wars das dann auch schon wieder.

Ich möchte mich allerdings nicht beschweren. Monsieur gibt sich Mühe und als ich heute so herum saugte und die Bücherregale abstaubte und sah, was ich für Schätze in den Jahren angesammelt hatte, da wurde mir bewußt, wie viel mir Monsieur ermöglicht.

Früher interessierte ich mich zwar für Handarbeit und las auch, aber das hat sich doch arg gewandelt.

Mittlerweile habe ich Unmengen an Bücher und ich möchte keines davon missen!

Handarbeit kann ich, ich meine wirklich, ich kann alles ohne Probleme, daher ist es eher so ein Randhobby und mir fehlte eine Herausforderung und die fand ich beim Thema Zeichnen und Malen und darin gehe ich vollkommen auf.

Monsieur unterstützt mich auf allen Ebenen. Er lobt mich, spornt mich an und wann immer ich etwas brauche, sagt er sogleich: "Komm, wir besorgen das mal eben."

Wenn ich erzähle, was ich entdeckt/gelernt habe, dann hört er mir aufmerksam zu und ist wirklich interessiert daran, so dass ich richtig heraussprudeln kann, mit dem was mir durch den Kopf geht, ohne dass ich denke, er würde sich langweilen, oder gar genervt sein, im Gegenteil, er fragt sogar interessiert nach. Wenn ich ein neues Buch besorge, möchte er auch immer mehr davon wissen und wenn er merkt, dass ich weiter darin bin, fragt er nach und findet es scheinbar auch spannend.

Das ist sehr viel wert, finde ich.

Es ist aber auch gegenseitig.

Wenn Monsieur etwas neues entdeckt, bin ich ebenso daran interessiert, frage nach, möchte mehr wissen und freue mich mit ihm. 

Kürzlich war er bei einer Veranstaltung und es gefiel ihm dort nicht, also kam ich kurzerhand vorbei und gab ihm einen Anlass, doch etwas früher zu gehen.

Man hilft sich gegenseitig.

Ebenso gibt es Momente, bei denen ich deutlich merke, was mir fehlt. Wie schlecht mir die Freiheit tut, die Monsieur mir schenkt. 

Es gibt Menschen, die es so mögen, aber ich gehöre nicht dazu. Ich fühle mich in einem engen Rahmen wohl, bei dem alles bestimmt wird. 

Es muss nicht unbedingt heißen, dass mir vorgeschrieben wird, wann ich welches Buch zu lesen habe oder dergleichen, aber wenigstens ein grober Plan wäre schön. Oder feste Regeln, wirklich so konsequente, feste Regeln. Keine die man aufstellt und wieder vergißt/ignorier/darüber hinweg sieht.

Aber ich versuche das Schöne zu sehen und beschäftige mich mit neuen Dingen, nicht nur Malen/Zeichnen, da ist  natürlich auch Französisch lernen und anderes Zeug, so dass es meinem Köpfchen nicht an Input fehlt.

Monsieur sagt, er hat mir meine Hobbys nicht ausgesucht, aber dadurch, dass er sie ermöglicht und erlaubt, ist es ja wie eine Erlaubnis von ihm.

Ich versuche das auch so zu sehen.

Ich versuche es wirklich.