Die Schlampen sind müde
Viel ist passiert in den letzten Wochen und doch wenig, wo es sich lohnt zu berichten.
AnNa von Rosenstolz hat ihre Köfferchen gepackt und das hat mich sehr berührt.
Das erste, was ich je von Rosenstolz hörte, war „Perlentaucher“. Irgendwer aus dem IRC hatte mir 2000 oder 2001 den Songtext geschickt und er fasste mich an, also suchte ich direkt weitere Stücke von Rosenstolz und etwas später, als ich auf Bardes Fete ging, jaaaa, ich war damals dabei, ich Urgestein der Szene, liefen auch Songs wie „Bastard“ und „die Schlampen sind müde“.
Zu Bardes Fete sei gesagt, dass es damals nicht viele Veranstaltungen gab und diese war ein absolutes Highlight und die Leute kamen aus allen Ecken von Deutschland. Es waren maximal 50 Personen eingeladen und man musste Barde persönlich kennen. Eintritt waren 50 Mark, Essen und Getränke inklusive. Oben war der Barbereich, eine kleine Bühne, viele Sitzplätze und im Keller war der Spielbereich und für jeden etwas dabei!
Es gab natürlich Pranger, Andreaskreuz, Gyn-Stuhl, Ösen, Ketten, Bondage Rahmen und und und…
Wer nicht auf dem Kronkorkenstuhl gesessen hat, hat noch nicht gelebt :)
Bei solchen Rosenstolzhits, bei denen es indirekt um BDSMler geht, worin sie sich wiedererkennen, wurde natürlich immer mit lautstark mitgesungen und ich muss nicht sagen, was los war, als „Männer sind Schweine“ von die Ärzte lief!
Jeder kannte jeden aus dem Chat, von vorherigen Partys, von Stammtischen und es war eine harmonische Gemeinschaft, in der einmal im Monat einfach Spaß angesagt war.
Von den heutigen Partys weiß ich lediglich aus zweiter Hand, denn ich gehe nicht mehr persönlich hin. Die Szene hat sich stark verändert und ich fühle mich nicht mehr heimisch. Was ich so mitbekommen habe, ist oft eher oberflächlich, mehr Show als BDSM und viele Menschen sind einfach schnell beleidigt und teilen aus, ohne einstecken zu können. Gründe werden gesucht und durch Sichtweisen manifestiert und legitimiert. Spaß und andere sein lassen, wie sie sind, ist eher im Hintergrund, weil man sich inszenieren muss. Gemeinschaft gibt es nur in kleinen abgesprochenen Grüppchen, die dann für sich das einzig wahre Bild von BDSM gepachtet haben und der Rest macht es halt nicht richtig. Kleingärtnerkultur.
Ich lebe mein DS lieber privat aus und muss mir nicht anhören, was für Fehler ich mache und wie es sich richtig gehört und ja, das ist auch eine vorgefertigte Meinung und wahrscheinlich voreingenommen und in eine Schublade gepackt. Fakt ist jedoch, dass es wirklich nicht mehr so wie früher ist und dass ich die neue Art es zu zelebrieren nicht so gerne mag.
Wenn ich also Rosenstolz höre, muss ich an eine kleine Epoche denken, an schöne Momente und ein Lebensgefühl.
AnNa war, in meinen Augen, die Mutter aller Schlampen, trug sie doch nicht immer ein Höschen unter ihrem Mini, selbst auf der Bühne und feierte das Schlampendasein ordentlich. Sie sang über Lust, Schmerz, Freude und Verlust, eben alle Gefühlsebenen und immer mit viel Gefühl.
Zu der Karibik Version von „die Schlampen sind müde“ feiere ich bereits Jahrzehnte ab und „ich bin mein Haus“ rührt mich nach wie vor zu Tränen. Jede Stimmung hat ihren Song, selbst wenn man wütend ist, einfach mal „fütter Deine Angst“ anschmeißen und voll abgehen!
Da draußen gibt es tausende Menschen, die sich seelisch mit ihr verbunden fühlten und ihre Stimme nicht mehr ohne Pipi in den Augen hören können. Sie fehlt.
Nun aber noch ein kleines Update zum Thema „mein DS“.
Meine kleine DS Welt.
Ich liege gerade auf meinem Bett, schreibe auf einer kleinen rosanen Tastatur und kann nicht gut sitzen. Nein, mein Popo ist so blütenweiß wie eine frische Schneedecke an einem Wintermorgen, nach einer verschneiten Nacht.
Eine kleine OP war nötig und ich erhole mich noch etwas davon. Drei kleine neue Narben zieren meinen Bauch, der eh schon so einige hatte. Fällt also wohl nicht weiter auf.
Es war ganz spannend, mal wieder ein paar Tage kein Halsband zu tragen, denn erst hatte ich es nicht einmal wirklich vermisst. Meine Finger suchten nicht danach und griffen dann ins Leere. Zuhause ging es mir erstmal noch schlecht, also blieb es noch weg, da wir nicht wussten, ob ich als Notfall nochmal in die Klinik muss und dann, ein paar Tage später, als klar war, dass wir es gut hinbekommen und ich mich langsam wohler fühlte, dann begann ich es zu vermissen.
Monsieur geht es besser, wenn er sich um mich kümmern kann, zeigt dann seine liebevolle Art und ist ruhig und zufrieden. Leider entspricht das auch sehr meinem Wesen, ich kümmere mich auch gerne, kann aber nicht so gut ertragen, wenn sich jemand um mich bemüht. In dieser Situation ging es aber voll auf, weil ich nichts machen konnte und auf ihn angewiesen war. Das war ein wirklich schönes Gefühl und so kniete ich mich vor seine Füße und er legte es mir vorsichtig wieder an und meine Welt war wieder komplett.
DS technisch ist nach wie vor Armut angesagt. Als ich gesund war und nun wieder gesund genug bin, darf ich auf dem Boden an meinem Tischchen essen, bekomme nachts die verschlossene Kette angelegt und muss ab und an Monsieur mit Titel ansprechen. Mehr fällt mir schon dazu nicht ein.
Ich hatte auch schon einige Tage das Monsieur komplett weggelassen und er beschwerte sich dann. Wenn ich es sage, wird es hingenommen. Wenn ich es nicht sage, wird es manchmal eingefordert, manchmal nicht. Ich hatte es zu dem Zeitpunkt nahezu immer eingesetzt und keine Reaktion bekommen. Dann ließ ich es als Statement weg und erklärte, dass es ein Titel ist, dass etwas dahinter steht und wenn er sich nicht wie ein Herr verhält, wenn er mich nicht wie eine Sklavin behandelt, wenn ich es nicht fühle, dann ist es nur eine hohle Phrase. Dann ist es nicht echt.
Monsieur schreibt nach solchen Gesprächen gerne blätterweise seine Gedanken nieder, Wege was zu welcher Sache führt, was fehlt und wie man wohin kommt.
Das wars dann auch schon.
Es folgt nichts.
Keine Veränderung.
Dann muss man sich fragen, was ist einem wichtiger?
Zieht man Konsequenzen?
Wie möchte man seine Lebenszeit verbringen?
Wir streiten nicht. Wir leben weitestgehend harmonisch. Nur eben auch nahezu ohne DS.
Was ist es wert, gelebt zu werden?
Prioritäten setzen…
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