Mittwoch, 10. April 2024

DIE perfekte Sklavin

 Ich wurde kürzlich gefragt, ob wir nicht doch mal wieder zum Stammtisch kommen möchten. 

Früher ging ich regelmäßig alleine hin und fand es ganz toll dort, jedoch ist das nun auch bereits mehr als 15 Jahre her und die Menschen haben sich verändert, jedenfalls die virtuellen Leute, die ich im Chat und auf Webseiten so erlebe und wie ich finde, nicht zum Besseren, wobei ich das gerade pauschalisiere, es jedoch immer wundervolle Ausnahmen der Regel gibt.

Ich mag die Kleingärtnermentalität nicht.

Früher traf man sich auf Partys oder Stammtischen und quatschte wild herum, egal welche Neigung man hat, egal welchen Beruf oder welches Alter.

Jedem war klar, dass wir Menschen sind und uns als Menschen gegenübertreten und eine gemeinsame Leidenschaft haben.

Heute gibt es DAS perfekte Bild einer Sklavin. DIE perfekte Sklavin.

Was mich ehrlich gesagt traurig macht, denn jeder hat eine andere Vorstellung davon im Kopf und meint, dass seine die richtige ist und wenn dann mehrere mit demselben Bild im Kopf aufeinandertreffen, fühlen sie sich erst richtig im Recht und überschlagen sich darin festzulegen, wie DIE perfekte Sklavin zu sein hat.

In einer Zeit, in der alle nach Toleranz und Akzeptanz (Vorsicht! Da gibt es einen Unterschied.) schreien, sind viele nicht fähig, genau das anderen Menschen gegenüber zu zeigen, geschweige denn zu empfinden, weil sie ja das einzig wahre Bild im Kopf haben.

Früher gab es das so nicht, oder es ist mir nicht so begegnet und ich hatte viele Kontakte und Gespräche.

Einzig Demut und Gehorsam ist ausschlaggebend für eine Sklavin, würde ich sagen, wobei natürlich verschiedene Meinungen immer ihre Berechtigung haben, nur eben nicht für alle gilt.

Die Ansprüche, vor allem anderer Sklavinnen, sind manchmal gigantisch hoch und ich vermute dann immer, dass frische Sklavinnen, oder eben nicht so ausgeprägte Sklavinnen, oder Sklavinnen mit Vorgeschichte, dann ihre Probleme damit haben und sich unzulänglich fühlen, oder als Versagerin. 

Das macht mich traurig.

Statt zu ermutigen, dass jede Sklavin eben andere Talente und Prägungen hat, andere Dinge mag oder Tabus hat, wird fürchterlich viel vorausgesetzt. 

Woran ich mich dann noch mehr störe ist, dass jede Sklavin einen anderen Herrn hat und dieser Herr bestimmt. Nicht was andere Herren oder andere Sklavinnen als DIE perfekte Sklavin festlegen, sondern ausschließlich was ihr Herr als perfekte Sklavin definiert, sollte das Maß der Dinge sein. 

Beispiel ist die berühmte Kleiderregel.

Oft werde ich danach gefragt, oft wurde ich danach gefragt und bei nahezu jedem DS Herrn ist das ein Thema.

Ich hatte drei Herren im Leben und da zeigt es sich ganz deutlich.

Mein Ex-Ehedom war ganz klassisch drauf. Im Schritt immer frei und offen zugänglich, Absätze 8cm und mehr, nie weniger, keine Hosen, auch nicht im Winter. Wer öfter Overknees trägt weiß, wie sehr sie rutschen und wie oft man daran herumfummeln muss!

Ich lernte ihn kennen, da war ich gerade mal ein paar Tage 20 Jahre alt und noch total unbeleckt. Ich musste für ihn meine Kleidung zerschneiden und wegwerfen, was nicht in sein Schema passte. Wir schauten es zusammen durch und weg damit.

Davor war ich immer in Jeans, T-Shirt, Turnschuhe unterwegs, da ich quasi unter Männern aufgewachsen bin und in meiner Familie jeder nur Jeans, T-Shirt und Turnschuhe trug. Meine Mutter verstarb ja früh, daher fiel diese weibliche Linie in meinem Leben schnell weg.

Das war ein harter Umstieg, aber so wollte ich es ja.

Ich betone immer sehr gerne, dass man sich als Sklavin den Herrn aussucht und das die letzte freie Entscheidung ist, daher sollte man ihn sich gut aussuchen und darauf achten, dass die Ansprüche erfüllbar sind und zu einem passen, denn sonst macht man sich unglücklich. Kein Mensch kann permanent gegen seine Natur gehen und Dinge machen, die ihn widerstreben und/oder anekeln oder dergleichen. 

Damit meine ich keinesfalls, dass das nie vorkommen sollte! Im Gegenteil! Ich liebe das Thema Grenzüberschreitung, Grenzverschiebung usw. 

Was ich anspreche ist eher das Thema, wenn Dein Herr Dir total gerne Ohrfeigen gibt und Du findest es absolut schmerzhaft in der Tiefe Deiner Seele, oder es löst Trigger aus, dann kann das anfangs toll und spannend wirken, wenn Du Dich jedoch nicht daran gewöhnen kannst und es für immer fürchterlich finden würdest, hast Du ein großes Problem. Das belastet dann auch andere Bereiche Deiner Beziehung.

Theoretisch kann man sich an alles gewöhnen, praktisch gibt es jedoch immer Dinge, die einem nie liegen werden. Man sollte im Idealfall so selbst reflektiert sein, um es unterscheiden zu können.

Aber das muss wohl auch jeder selber mal erfahren haben. In der Theorie sieht ohnehin alles anders aus, als es sich dann praktisch wirklich anfühlt. 

Mein nächster Herr war da lockerer und erlaubte Hosen, wenn ich darum bat und er es für angebracht hielt, wobei ich mittlerweile nur noch Kleider und Röcke trug und Hosen lediglich für Sport, oder an kalten Tagen Unterhosen und Strumpfhosen trage. Bevor ich das Haus verließ, hatte ich ihm ein Bild zu schicken, auf dem ich komplett zu sehen bin, also alles was ich anhabe. Die Schuhe waren ihm egal.

Mein Ex-Ehedom hielt Strapse, Spitzenunterwäsche und die klassischen Dessous für absolut heiß und wünschenswert, der Ex-Herr fand es überflüssig, wobei ich das angenehm fand, denn nach all den Jahren mochte ich lieber von innen betrachtet werden, statt meiner Äußerlichkeit.

Ihm war es dann aber wieder wichtig, dass ich meine Beine immer leicht gespreizt hielt und sie nicht übereinander legte. 

Es ist entspannend, wenn der eigene Herr nicht so viel Wert auf die Kleidung seiner Sklavin legt und bequem auch noch. Früher hielt ich es für wichtig und ich war trotz 12cm Absatz auf dem Spielplatz am Rennen und rutschte auch und machte jeden Mist mit, jedoch wäre es sicherlich schöner gewesen, wenn ich flache Schuhe getragen hätte und es einfacher wäre sich zu bewegen. 

Ein Traum von meinem Ex-Ehedom war es, dass ich meine Fersen nicht mehr auf den Boden bekommen würde. Ich bin sehr gerne barfuß unterwegs und eher eine Hippie-Seele, die den Boden spüren möchte, aber respektierte seine Wünsche natürlich.

Als ich das nächste Mal solo war, schrieb ich direkt im Profiltext, dass ich keine Barbiepuppe bin und ich hatte bereits im Kopf, was mir wichtig ist, was ich bereit bin zu leisten und was nicht.

Wenn ich vollkommen hinter dem stehe, was mein Herr verlangt, kann ich umso besser dienen, als wenn ich mich immer überwinden muss, gegen meine Natur gehe und in Wahrheit das und das ablehne.

Ich hatte und habe also im Kopf, was mir bei einem Herrn wichtig ist und was für eine Sklavin ich bin. Ich weiß was ich kann und was ich nicht mag und wo man meine Grenzen verschieben kann und was mir den Alltag zu mühsam macht.

Mich schrieb zum Beispiel ein Dom an und meinte: "Natürlich müsstest Du Dich jeden Tag nach meinen Vorstellungen und Wünschen schminken!"

Warum ist das natürlich? Nur weil es sein Bild einer perfekten Sklavin ist, ist es natürlich so?

Ich halte lieber Abstand von Herren, die etwas als selbstverständlich und natürlich betrachten und nicht einmal ahnen, dass es eben auch andere Sichtweisen, Ansprüche und Forderungen gibt, es also nicht natürlich ist, sondern seine eigene Vorstellung.

Ich kann mich schminken, mache es gerne mal, um Monsieur zu beglücken, auch wenn er darauf wenig Wert legt und eher dahinter meine Bemühung sieht, ihm zu gefallen und Freude zu machen. 

Ob ich mich jeden Tag schminken kann, wenn der Alltag total streßig und chaotisch ist, wüßte ich nicht, mich schreckte jedoch das Bild ab, dass es sich um einen Dom handelt, der nicht selbstreflektiert ist und zu viel voraussetzt, ohne es zu kommunizieren, nur weil er es eben so sieht und meint, dass alle anderen es ebenso sehen. (Nein, ich habe es nicht an diesem einen Satz alleine festgemacht, ich wurde dadurch lediglich hellhörig.)

Monsieur war wieder eine ganz andere Sache, denn er legt keinen Wert auf meine Kleidung. Also den Kleidungsstil vielleicht, aber nicht, ob ich nun Hosen oder Unterhosen trage. Ich denke, ihm ist es auch egal, wenn ich mit meiner Sporthose raus gehe, Leggings anziehe oder sonst was.

Wir hatten beide schon immer im Kopf, dass eine Sklavin nackt zu sein hat. Keine Dessous, keine Kleider, höchstens Manschetten und Bänder, geschmückt mit ein paar Ketten.

Wenn es zu kalt war, durfte ich Wollsocken und einen XXXL Hoodie tragen. Mehr braucht es nicht.

Das war nun ein Beispiel anhand von Kleidung und jeder Herr war und ist anders.

Jeder Herr hat ein eigenes Bild seiner Sklavin.

Es gibt DIE perfekte Sklavin nicht.

Jede Sklavin hat eigene Talente und Vorzüge und Dinge, die sie mag und verabscheut.

Dadurch ist jede Sklavin ebenso eine Sklavin wie eine andere, solange sie bemüht ist zu gehorchen und im besten Fall demütig zu reagieren.

Dieses: "Eine Sklavin hat so und so zu sein. Eine Sklavin hat so und so zu reagieren." hat seine Berechtigung, seiner eigenen Sklavin gegenüber und sonst keiner, außer man hat die Erlaubnis, über sie zu bestimmen.

Dieses Vorschreiben, was andere wie zu tun haben, ist so ein Ego-Ding, denn eigentlich heißt es, dann weiß ich ja besser, was jeder wie tun soll und nur meine Sicht ist die richtige.

Wenn ich gefragt werde, welche Kleidung ich tragen muss, oder was für eine Kleiderregel ich habe, kommt immer Enttäuschung auf, weil sie eben nicht der der O entsprechen, sondern den Ansprüchen meines Herrn und der legt mehr Wert auf andere Dinge, wie zum Beispiel Bildung und Gehorsam. 

Es ist ihm wichtiger, wie ich mich ausdrücke und auftrete, als was ich am Leib trage.

Und ich liebe diese Vorstellung einer Sklavin.

Es wäre fantastisch, wenn mehr Herren auf die Netiquette achten würden, die eigene und die ihrer Sklavin und weniger sich in die Erziehungsformen anderer einzumischen. 

Jeder kann sein BDSM leben, wie er möchte, da gibt es doch kein richtig und falsch. 

Jeder hat seine Bilder im Kopf und es wäre fantastisch, wenn man diese schlicht beschreiben würde, statt sie anderen aufdrücken zu wollen. Erkennen, dass es die eigenen Bedürfnisse und Vorzüge sind und sie nicht gleichbedeutend mit anderen sind. Dass jeder andere Farben, andere Geschmäcker, andere Jahreszeiten mag und eben auch andere Dinge im BDSM Bereich und es dennoch immer z.B. eine Sklavin ist, auch wenn sie nicht dieselben Verhaltensregeln hat wie Du.

Jede Sklavin gibt ihr Bestes und versucht DIE beste Sklavin ihres Herrn zu sein, nach seinen Ansprüchen und Bedürfnissen und das macht sie aus und das ist ihr Wert, vollkommen egal, wie andere es ausleben und was sie darüber sagen. Solange Du Dich bemühst es Deinem Herrn recht zu machen, bist Du eine perfekte Sklavin und wenn Du ab und an ausrutscht oder Dir einen Fehltritt erlaubst, auch dann bist Du es noch, denn Bemühen ist nicht gleichbedeutend wie perfekt sein, sondern zeigt Deinen Willen dahin zu kommen und Dein Herr arbeitet vermutlich gerne mit Dir daran, denn das ist doch ein wichtiger Teil eurer Beziehung.

Jede Sklavin ist gleich viel wert, egal wie sie sich anstellt. 

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