Schwieriger Alltag

Ich finde es in der momentanen Zeit recht schwer keine Trübsal zu blasen.

Das Dauerthema Corona wird wieder schlimmer und damit wächst auch unsere Angst täglich ein Stück mehr und die Einschränkungen werden auf Dauer spürbarer, wie zum Beispiel, wenn man geliebte Menschen im Krankenhaus besuchen möchte und nur einer hinein darf. 

Na gut dass es Handys gibt, so dass man ja doch ein wenig "dabei" sein kann, aber es ist natürlich unvergleichbar und somit saß ich nun regelmäßig im Auto und wartete auf meinen Herrn.

Ehrlich gesagt hatte ich große Freude! Vorab packte ich mir ein Körbchen mit etwas zu trinken, Büchern, Zeichenutensilien und Strickzeug. So kam es, dass ich total überrascht war, wenn mein Herr zurück kam und die Zeit bereits um war.

Wenn ich nicht angebunden war (was lediglich einmal vorgekommen ist), bin ich mit meiner Kamera herum gestreunert und machte wundervolle Herbstbilder, aber nachdem er mich eingesammelt hatte, wurde ich konsequent angeleint.



Aber keine Sorge, ich hätte den Knoten auch so gelöst bekommen. Es geht ja eher um die mentalen Ketten.



Was mir mehr ausmacht ist, dass man nicht so einfach in ein Café gehen kann, weil man Angst vor einer Ansteckung haben muss, also bleiben wir so gut es geht immer zuhause, oder gehen spazieren, an möglichst unbesuchten Orten, wie zum Beispiel in Wäldern.

Früher fuhr ich sehr gerne zum Flughafen, holte mir einen Starbucks Getränk und stellte mich auf die Aussichtsplattform und sah den den gigantischen Metalldosen dabei zu, wie sie sich aller Widrigkeiten zu trotz in die Luft begaben und obwohl ich weiß, warum Flugzeuge fliegen können, faszinierte es mich jedes einzelne Mal, dass es wieder aufstieg, mit den X Tonnen Gewicht!

Es ware Selbstmord, wenn ich heute ähnliches versuchen würde und so bezirzt mein Herr mich, indem wir öfter einen Ausflug zum Wald machen und dort bis zur Autobahnbrücke wandern, um uns dann darauf zu stellen und den Autos nachzusehen. Es ist zwar kein Vergleich, aber der Versuch etwas Normalität zu erleben, etwas anderes zu sehen und wenn dann ein Auto oder ein LKW hupt, die Fahrer winken und ein Peace mit Handzeichen hoch halten, dann sind auch das Glücksgefühle, Freude und ein großer Spaß :)

Beim letzten Mal packte er plötzlich die Leine aus und legte sie mir an. Meine Gefühle sind dann ein großes Wirr Warr. Einerseits bin ich stolz und könnte platzen, möchte mich zu seinen Füßen knien und ihm zeigen, wie gut es mir gefällt, dann spielt jedoch noch die Sorge mit, dass es uns Probleme machen könnte oder negative Reaktionen hervor ruft, denn Fußgänger, Spaziergänger mit Hunden tummeln sich dort nicht wenige.

Der Stolz und die Freude überwiegen allerdings schnell und so strahle ich und ärgere mich, sobald sie wieder abgenommen wird.

Klar begegnet man dann auch mal jemanden. Ob mein Herr die Leine dran lässt, ist für mich nicht vorhersehbar. Ich persönlich denke, dass im Wald eine Frau mit Leine nichts sooo tragisches für Erwachsene ist. Wenn es stört, kann man sie schnell ignorieren, da sie sehr unauffällig ist und dass alles freiwillig stattfindet sieht man ja alleine schon daran, dass wir uns leise und normal unterhalten.

Lustigerweise bekommt man im einsamen Wald eher eine Reaktion, als in einer Großstadt, in einem Menschenpulk. Wobei, bis auf Blicke und ab und an mal eine Frage wie: "Macht ihr was? Kann ich mitmachen?" kam bisher nicht vor, bis auf einmal, als eine Frau die Polizei informiert hatte, weil sie annahm, dass ich entführt wurde. 

Keine Problem, im Gegenteil, ich fand das sehr wichtig und gut! 

Unangenehme Reaktionen jedenfalls blieben bisher aus, eher ist es ein verhohlenes Interesse, oder desinteressiertes Wegblicken.

Ansonsten ist unser Alltag träge und langweilig. Die Tage gleichen sich sehr.

Mein Herr mag mich derzeit nicht wirklich mitnehmen, wegen den steigenden Zahlen und zuhause läuft alles recht routiniert.

Ich trage permanent zuhause die vier Manschetten und wenn wir doch mal einkaufen gehen, nimmt er alle ab, damit sie gereinigt werden können, oder nimmt lediglich die an den Knöcheln ab.

Praktisch ist für ihn, dass er so nachts einfach meine Hände zusammenbinden kann und wahlweise auch am Halsband befestigen kann, natürlich zu der normalen Kette dazu, die am Halsband ist.

Die Nackthaltung ist wieder übergegangen in eine halbe, wie im letzten Winter. Dann darf ich einen XXXL Hoodie tragen und dicke Socken.

Die Bodenhaltung schleift sehr übel herum und wird kaum wahrgenommen.

Aber irgendwie ist derzeit alles gefühlt nur so halblebbig und larifari. Sehr unbefriedigend und zu gleich fehlt der Antrieb es zu ändern.

Gestern kam mir der Gedanke, dass wir uns vielleicht zu viel auf Einmal vornehmen und langsamer Regeln/Rituale einführen sollten. Nicht x in einem Wusch, sondern eine neue Regel und sobald sie gut funktioniert und ins Blut übergegangen ist, erst die nächste. So verhuddeln wir uns dauernd und vergessen hier und da eine, sind dann demotiviert und schmeißen eher andere auch noch über den Haufen. Das ist aber, wie alles andere, die Entscheidung meines Herrn und so trug ich ihm meine Gedanke vor. 

Ich habe mir nun jedenfalls vorgenommen, wenn mein Herr mich nicht mitnimmt zu einem Termin, ihn darum zu bitten, in der Zeit einen Spaziergang oder eine kleine Fahrradrunde drehen zu dürfen, so dass ich auch etwas raus komme, ohne mit Menschen zusammentreffen zu müssen.

Dann schmeckt der Tee auch umso besser, wenn man nachhause zurück kehr!



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