Samstag, 2. April 2022

Lebenszeichen

 Es sind die kleinen Dinge im Leben, die mich glücklich machen.

Man sagt, dass man nur das große Glück finden kann, man es im Kleinen entdeckt und findet, aber ich habe eher das Gefühl, dass es bei mir nur die kleinen Dinge im Leben gibt, die Glück schenken können.

Große Schicksalsschläge, kleine Dinge die glücklich machen können.

Im Prinzip ist es so, seit ich drei Jahre alt bin. Eine Hiobsbotschaft, reiht sich an den nächsten Schlag und kaum denkt man, es könnte ein wenig Ruhe einkehren, folgt die nächste Katastrophe.

Dann stelle ich mir, mittlerweile, die immer gleichen Fragen:

- Wie viel kann ein Mensch eigentlich ertragen?

- Was kann denn noch passieren?

- Bekomme ich denn nie eine Pause?

- Wie soll ich denn damit nun wieder umgehen?

- Bekomme ich irgendwann einen Nervenzusammenbruch?

Und nein, darauf gebe ich mir keine Antworten, es sind lediglich Fragen in meinem Kopf, die sich mit der Zeit selber beantworten.

Als der Hund hier war, hatte ich gefühlt kaum eine Pause, weil nicht nur der Hund Zeit und Energie fraß, sondern mein Kind krank war... lange.

Monsieur und ich lebten schlimmer nebeneinander her, als jemals zuvor, aber irgendwie auch harmonischer, weil keiner Zeit und Energie hatte, um zu streiten, sondern man platt herum saß und sein Ding machte, oder mal einen gemeinsamen Film schaut.

Überhaupt habe ich den Eindruck, dass wir wegen Corona und unserer Vorsicht, weniger Möglichkeiten für gemeinsame Aktivitäten haben.

Vor Corona gingen wir gerne mal in die Sauna, Kino, Restaurant, Museen, auch mal ein Konzert.

Jetzt?

Restaurant bitte nur, wenn es draußen warm genug ist, weil ich nicht drinnen sitzen möchte und dann auch nur, wenn es nicht zu voll ist. Sauna? Nein danke! Usw. wobei das im Einklang ist, denn wir verzichten beide gerne, keiner von uns sagt, er würde ja gerne, aber macht es wegen dem Anderen nicht.

Ich bin geimpft, ich bin geboostert, das zweite Mal schon und die Angst bleibt dennoch, weil ich nicht weiß, wie mein Körper reagieren würde und wir nichts riskieren wollen.

Als der Hund weg war, begannen wir uns zaghaft anzunähern und entspannten, genossen es sehr. 

Monsieur musste oft sehr früh raus, ich decke dann gerne am Abend vorher seinen Frühstückstisch und lege einen Zettel dazu, indem eine nette Kleinigkeit steht, liebe Wünsche, Gedanken, Zeug eben.

Wenn ich aufwachte, lag auf seinem Kissen ein Zettel für mich, ebenso liebe Gedanken, Wünsche, Angaben was ich bitte machen soll, was eher nicht, dass ich frühstücken soll und Bilder schicken. 

Ironisch war, dass an dem Tag, an dem er mir morgens noch schrieb, dass ich nun endlich einmal entspannen kann und muss, dass ich einen faulen Tag brauche, Erholung, dass Ruhe einkehren muss und endlich kann, kurz darauf wieder so ein Bombeneinschlag kam, der alles durcheinander wirbelt.

Vorher herrschte schon ein Wirbelsturm in mir.

Das große Problem bei DS war bisher für mich, dass ich einen Ehe-Dom hatte, der mich wirklich schlecht behandelte.

Anfangs wurde ich abhängig von ihm, hörig, alles was ein TPE Herr sich wünschen kann. Ich hätte alles für ihn getan, habe auch nicht wenig davon beweisen können und dann? Ließ er mich sitzen. Er war bei der Arbeit und sagte er fährt los, kam nicht an. Ging nicht ans Telefon. Antwortete auf keine Mail. Nichts.

Die ganze Nacht.

Am nächsten Morgen eine Mail, es tue ihm leid, er wisse nicht was los war, er komme nach der Arbeit heim.

Kam er dann meistens, nicht immer, manchmal hängte er eine Nacht dran.

Einmal eine Woche.

Ich wußte nie, wann es soweit war, wann nicht.

Die maximale Unsicherheit.

Kein Vertrauen in irgendwas.

Immer wieder, über Jahre.

Wir waren insgesamt 15 Jahre etwa zusammen. Es ging quasi durchgehend so.

Ich bin es also gewohnt, dass DS ein on/off Ding ist und nicht mehr bereit mich dann zu 100% darauf einzulassen, wenn ich weiß, mein Dom achtet nicht mehr auf Regeln, ist nicht konsequent und legt keinen Wert darauf.

Kein Thema, ich kann mich nahezu perfekt an die Anrede halten und Regeln befolgen ist kein großes Ding für mich, weil ich es ja gerne mache und es mir sehr viel gibt, aber wenn ich merke, oder nur ahne, dass mein Dom kein Augenmerk darauf hat, oder sogar kein Interesse und nichts kontrolliert, hört es an der Stelle für mich auf. Warum soll ich mir dann Mühe geben?

Monsieur nennt es Selbstsabotage...

Ich nenne es Selbstschutz...

Wenn man so viele Jahre mit so einem Dom zusammen lebt, hat man viel Selbstschutz.

Hat man dann noch meine Vergangenheit, hat man noch mehr Mechanismen.

Monsieur hatte sicher kein perfektes Leben, das hat wohl keiner, jedoch ein wesentlich einfacheres und dadurch gewissen "Luxus" erleben können, wie ein ruhiges, entspanntes, geradezu langweiliges Leben führen zu können.

Dann platze ich rein und alles wirbelt herum und nichts mehr ist wie vorher. Kein Wunder, dass ihn das überfordert hat.

Aber es hat auch etwas Gutes!

In der Not sind wir immer füreinander da, unterstützen einander und ohne viel zu reden, ohne viel Aufhebens, sorgen wir gut füreinander. Das funktioniert einwandfrei.

Wir hatten es also gerade geschafft, fast wie zu beginn unserer Beziehung, wieder DS aufrecht zu erhalten über mehrere Tage und hatten eine schöne Perspektive und Pläne.

Bumm....

Alles auf den Kopf gestellt.

Dabei war ich noch gar nicht so weit.

Zu dem Zeitpunkt, als Monsieur mir das mit "Ruhe einkehren lassen" geschrieben hatte, ging es darum, dass ich mich unwohl fühlte. Ich musste mich ihm öffnen, DS zulassen und hatte fürchterliche Angst, dass es wieder aufhört, dass er wieder nicht auf Regeln achtet und ihm egal wird, ob ich es tue oder nicht. Jeden Tag erklärte ich, wie ich mich fühlte, wie schwierig das gerade für mich ist und anders als sonst konnte er damit umgehen, ging auf mich ein, beruhigte mich, war für mich da und war nicht aggressiv, oder rastete aus, wenn ich kritisch dachte und es ansprach. Das war ein gutes Gefühl, auch mal aussprechen zu können, wie man denkt und fühlt, ohne hinterher über eine Stunde sich anhören zu müssen, wie schlimm das Leben mit mir doch ist und wie schrecklich alles ist, seit wir zusammen gezogen sind.

Tja. Eine Woche war das etwa.

Eine Woche, in der ich mich kaum entspannen konnte, obwohl ich es versuchte.

In der kaum Ruhe einkehren konnte, weil erst einmal Dinge aufgeholt werden mussten.

In der DS von vorne begann, mein Öffnen sich in Zeitlupe entwickelte und wir sogar einmal im Museum waren und viel Spaß dabei hatten.

Dann die Nachricht.

Alles wieder weg.

Dann greifen meine Mechanismen. 

Ich bin es gewohnt, dass dann keiner für mich da ist. Dass ich dann für Andere da sein muss und mich komplett zurück stelle und dass das bedeutet, dass mein Partner weggestoßen wird, weil es immer bedeutet hat, dass es eine Belastung ist.

Auch das stammt aus der Zeit von meinem Ex-Ehedom. Er war nicht für mich da, stellte sich in den Mittelpunkt, oder verschwand und war in jedem Fall eine große Belastung und ich musste um ihn herum organisieren, damit alles am Laufen blieb.

Also fallen mir die ganzen Probleme mit Monsieur wieder ein und dass, als der Hund da war, DS für ihn nicht möglich war, weil der Tagesablauf vom Hund (Spaziergänge, Futterzeiten usw.) ja den Tag bestimmten und nicht her. Vor dem Hund war nicht möglich, weil ihm andere Dinge nicht passten und er dann nicht dominieren konnte, wenn er nicht einmal die Gläser im Schrank so hinstellen kann, wie er möchte. Konnte er, aber wenn jemand Anderes den Geschirrspüler ausräumte, standen sie eben auch mal anders da. Mittlerweile schaue ich, dass sie einigermaßen nach seiner Ordnung stehen und umso mehr ich schaue, dass die Dinge so sind, wie Monsieur sie gerne hat, was er nicht verbalisiert, sondern entweder als Anklage im Streit formuliert, oder erwähnt, dass dies und das auch wieder falsch ist, so dass man dann so lange herum probiert, bis er weniger meckert oder sogar aufhört, jedenfalls fiel mir das alles wieder ein und während ich überlege, wie ich mit der Bombe, die eingeschlagen ist, umgehen soll, greift also der alte Mechanismus und ich denke mir: "Dann sollten wir uns eben lieber trennen. Dann geht es Monsieur besser und seine Gläser stehen wieder, wie er möchte und ich kann meine Energie auf die neue Situation einstellen."

Wir hatten mittlerweile so oft ein Hin und Her, so oft wollte ich mich schon trennen, dass es Monsieur nicht weiter überrascht hat.

Aber er ging souverän damit um, sagte, dass er darauf nicht eingeht und dass das meine alten Strategien sind, die bei ihm nicht nötig sind, weil er da ist, da bleibt, nicht weg geht und wir das schon zusammen hinbekommen.

Das ist neu für mich und dem stehe ich wieder einmal sehr skeptisch gegenüber, im Hinterkopf hängt auch fest, wie Monsieur unter anderem sein kann. 

Bei solchen Hiobsbotschaften stelle ich mir besagte Fragen, die ich nicht beantworte und ich überlege, wie es werden kann, welche Optionen es gibt, was sich wohl verändert und wie ich damit umgehen kann, soll, werde.

Aber das liegt alles nicht in unserer Hand.

Wir müssen abwarten, Antworten und Ergebnisse müssen ankommen und dann ergibt es sich meistens da heraus, nahezu von alleine, weil man selber so wenig in der Hand hat.

Und ich fühle mich, wie in einer schwarzen Gewitterwolke, um mich herum braust und tost ein Strum, wieder wird ein Stück Sicherheit aus meinem Leben gerissen, was nicht ersetzt werden kann, weil Menschen nicht ersetzt werden können, wenn sie sterben und eine Sache ist diesmal anders.

Ich sitze in meiner Gewitterwolke alleine, aber da liegt dieses mal eine Hand auf meiner Schulter, von Monsieur, der sagt, dass wir das irgendwie schon hinbekommen werden.

Ich weiß nicht wie lange es so weiter geht, wie es sich entwickelt, wie Monsieur sich durch die neue Situation verändern wird und ich traue mich überhaupt noch nicht, diese Hand als Hoffnungsschimmer zu sehen, aber diese Hand ist schon mehr, als ich sonst hatte  und sonst zuließ.

Im Moment trage ich unser Talena Halsband und Manschetten an Armen und Beinen, mit Schlössern und eigentlich sollte ich mich damit viel wohler fühlen, als ohne und früher war das auch so, aber im Moment machen sie mir Angst.

Angst, dass Monsieur wieder aufhört.

Angst, dass ich mich öffne und wieder verletzt werde.

Angst, dass es wieder nur eine Finte ist und alles in der Gleichgültigkeit des Alltags verloren geht, jedenfalls im Alltag von Monsieur, denn mein Alltag ist trotz allem DS und TPE und Monsieur und wenn er dann Regeln fallen lässt, wenn er dann allem Anderen im Leben Beachtung schenkt, außer seiner Sklavin, seinem Haustierchen, dann sind das jedes mal Stücke, die meinen Alltag zusammen gesetzt haben und weg brechen und diese entstehenden Lücken muss ich dann mit Selbstschutz füllen und der besteht daraus, sich nur auf sich selber verlassen zu können und das bisschen Energie was man noch hat, für andere Dinge einzusetzen und die Energievampire zu beseitigen.

Und all das ergibt diese enorme Gewitterwolke, in der ich sitze und nein, das ist keine Metapher für eine Depression. Wenn man nicht aufpasst, könnte es eine werden, das weiß ich, aber ich passe auf und ich habe leider Übung darin, mit scheiß Situationen umzugehen und im Moment kann ich auf allen Ebenen nur abwarten und bin abhängig von Anderen, die handeln können...



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