Alltäglicher Streit

 Dachte ich noch, es kann nicht noch mehr Streit geben, wurde ich eines Besseren belehrt.

Nach und nach schnitt er mir auch noch die wenigen Rückzugsorte ab, die ich gefunden hatte.

Ging ich in den Park, gerade weil wir Streit hatten, kam er kurz darauf nach und machte weiter.

Kann man mit einer Sklavin streiten?

Es entspricht nicht meinem Wesen. Ich mag Streit nicht, ich mag Diskussionen nicht, das ist alles nicht meins.

Früher konnte er mich dann triezen, bis ich sauer wurde und irgendwann ausgerastet bin, um mir dann zu sagen, dass ich psycho bin. Dass er vorher meine "Ich möchte bitte meine Ruhe." und "Ich mag nicht streiten..." und "Lass mich nun wirklich bitte in Ruhe!", ignoriert hatte und immer weiter machte, kam in seiner Erinnerung nicht vor. Für ihn war es aus heiterem Himmel und meine Bitten, mein Betteln, das existierte für ihn nicht.

Dann gewöhnte ich mir an entweder Kopfhörer mit Musik aufzusetzen, oder rauszugehen.

Rausgehen brachte wenig, weil er hinterher kam und weiter machte, also habe ich wirklich gute Kopfhörer, dann sehe ich höchstens aus dem Augenwinkel wie er wütend artikuliert und voll aufdreht. Seis drum.

DS spielt schon lange keine Rolle mehr und wenn, dann lediglich für wenige Tage, dann ist seine PlayStation wichtiger, sein Job zwischendurch auch mal, aber der bietet scheinbar zu wenig Ablenkung, aber keine Sorge, auch daran habe ich Schuld, denn darin ist er ein Meister. 

Er spielt ja nur so viel, um sich vom schrecklichen Alltag abzulenken.

Was ist der schreckliche Alltag?

Sein gesamtes Leben mit mir.

Was ist daran schrecklich?

Alles.

Wenn ich ihn versuchte auf eine Antwort festzunageln kommen Flüchte wie: "Das habe ich oft erklärt, scheinbar verstehst Du es einfach nicht." oder "Noch einmal erkläre ich es nicht, das hat ja eh keinen Sinn."

Die Wohnung ist ihm zu voll. Eine Wohnung, in der die Nachbarn mit Ehepartner und 2-3 Kinder leben können. Eine Wohnung, von der er vorher wußte wie groß sie ist und dass wir Dinge mitbringen, wenn wir einziehen, auch wenn ich etwa 3/4 weggeschmissen habe.

Außerdem leben wir wie Messies... seiner Ansicht nach, weil Zeug rum steht.

Zeug?

Ja, zum Beispiel in der Küche, da steht immerhin eine Küchenmaschine, die Kochlöffel und dergleichen Zubehör, ein Ständer für Flaschen. Zeug eben. Dass dieses Zeug normal in einer Küche ist und normal auf der Arbeitsfläche steht, macht mich zum Messie. 

Überhaupt ist das Leben ja auch so schlimm, weil nun mehr Möbel in der Wohnung sind.

Möbel die er ausgesucht hat. Möbel die dort stehen, wo er es möchte. 

An der Stelle könnte man darauf schließen, dass es ihm eben nicht gefällt, dass wir damals eingezogen sind, aber nein, das ist es nicht, sagt er.

Er führt auch kein selbstbestimmtes Leben mehr.

Was bestimme ich über sein Leben?

Alles, sagt er.

Warum?

Auch da kommt keine klare Antwort. 

Weil ich halt sage, dass wir einkaufen gehen müssen, wenn die Lebensmittel ausgehen, oder wir etwas anderes brauchen.

Früher war das eben anders, da bestellte er essen und ging nicht so oft einkaufen.

Einkaufen gehen nervt ihn.

Sage ich, dass ich auch alleine gehen kann, möchte er das nicht.

Dieses Schema zieht sich durch alle Bereiche.

Er mag was nicht, ich zeige eine andere Lösung, nein, das mag er auch nicht und dann sagt er, er bestimmt sein Leben nicht selber.

Ich frage ihn, wann er das erledigen möchte, aber scheinbar ist es dann auch nicht selbstbestimmt.

Wir haben, wegen mir, einen Hund, weil ein Familienmitglied stirbt und der Hund sonst nirgends hin kann. Einmal heißt es, ich sei eine goldene Seele, dann wird mir wieder vorgehalten, ich habe einen Hund angeschleppt, eine weitere Belastung.

Wie es gerade passt.

Aber keine Sorge, er ist hier das Opfer, weil ich ihm ja an allem die Schuld gebe, aus seiner Sicht.

Weil ich unausgeglichen bin, nicht gut gelaunt, schlechte Laune habe.

Dass ich sie habe, weil meine Welt nach und nach zusammen bricht und ich einen großen Verlust habe und kleine dazwischen hatte, das ist egal.

Dass ich keinen Ausgleich habe, weil mir DS komplett fehlt und ich alles selber bestimmen muss, darf auch keine Auswirkung haben.

Ja, er unterstützt mich, er hat mir Selbsthilfebücher gekauft, um mit dem Tod umzugehen. Danke, sagte ich mehrfach, aber die Hilfe, die ich eigentlich bräuchte, die verwehrt er mir, aber das liegt ja daran, dass er nicht mehr selber über sein Leben verfügen kann.

Ich stehe morgens auf, erledige meine Morgentoilette, gehe mit dem Hund raus. Wenn er nicht arbeiten muss, bleibt er im Bett liegen.

Ich lese etwas im Park, bespaße nebenher den Hund und wenn ich zurück bin, meistens mit Brötchen, hat er meistens den Tisch gedeckt und das Futter fertig gemacht. 

Alleine morgens geht er nie.

Auch nicht an den Wochenenden.

Ab und an kam er mit, aber eigentlich nur wenn wir Streit hatten.

Nach dem Frühstück ruhe ich mich etwas aus, mache was im Haushalt, koche vielleicht, bringe die Zeit rum und am Nachmittag geht es wieder mit dem Hund raus.

Da kommt er schon eher mit. Wir treffen nette Leute, unterhalten uns, spielen eine heile Welt vor, wo keine ist.

Danach wieder etwas Haushalt, vielleicht Erledigungen und wenn es gut läuft, auch eine kleine Pause. 

Pausen sind aber keine Pausen mehr, wie früher, bei denen ich mich entspannen und den Kopf abschalten konnte, sondern nur noch Erholungsinseln, um den Tag zu überstehen und das Pensum zu schaffen.

Abends lege ich gerne etwas Wäsche beim Fernsehen zusammen und es geht noch eine Runde mit dem Hund raus. Da geht er manchmal auch alleine, kommt fluchend und wütend zurück, wenn er den Beutel fürs Geschäft des Hundes nicht gut benutzen konnte und das ist oft der Fall, also gehe ich lieber mit und egal was ich versuche zu reden, es entsteht Streit.

Dann zurück, werden die Türe nochmal versorgt und ich mache mich fürs Bett fertig, um am nächsten Tag  in etwas den gleichen niederschlagenden Verlauf zu haben.

Den meisten Streit bekomme ich umschifft, indem ich uns beim Frühstück ein Hörbuch anmache (Stephen King ist praktisch, weil die immer sehr sehr lang sind...) und beim Mittag- bzw. Abendessen einen Film, oder eine Serie einschalte.

Ansonsten sitzt er an seiner PlayStation, oder arbeitet vielleicht mal.

Wenn er über seinen Job redet, höre ich ihm zu und versuche konstruktive Antworten zu geben, das funktioniert auch gut. Wenn ich etwas oberflächliches zu erzählen habe, klappt das auch.

Langsam habe ich raus, was für Gespräche möglich sind und was für welche eher nicht und trotzdem tappe ich regelmäßig in das "früher war alles besser!" Fettnäpfchen.

Wenn ich von Trennung anfange, sagt er, dass das immer meine erste Lösung ist und eine Flucht, dass es mit dem Nächsten nicht besser wird und er das keinem zumuten kann und ich mich nicht trennen soll, weil es ja eh keine Chance gibt, dass es irgendwo besser sein könnte, auch nicht, wenn ich alleine sein werde.

Zieht dieser Psychoterror nicht und ich bleibe dabei, ist sein letzter Notnagel, dass er plötzlich der perfekte Herr ist, für ein paar Tage, bis sich die Wogen geglättet haben und ich ein wenig Hoffnung geschöpft habe.

Wenn wir streiten, dann sagt er immer, dass ich ausziehen kann, umso schneller, umso besser, ja bloß weg. Ach nein, doch nicht, weil ein Anderer dann die selben schlimmen Sachen durchleben muss, mit mir, nein nein, er muss das irgendwie auf die Reihe bekommen, nicht zumutbar bin ich, für Andere.

Wenn er sich beruhigt hat, bin ich wieder die goldene Seele, ein so toller Mensch, der tollste Mensch überhaupt, aber das hält nicht lange an, dann bin ich wieder die Böse, die sein Leben zur Hölle machte.

Davon kann man ein Schleudertrauma bekommen.

Dass er zu DS nicht fähig ist, habe ich zu verantworten, der Rahmen fehlt für ihn, er kann ja nicht einmal über sein Leben bestimmen, wie soll er über meins bestimmen können?

Siehe oben meinen Tagesablauf, ich weiß beim besten Willen nicht, wie ich da noch sein Leben bestimmen sollte, bin ich doch so schon damit ausgelastet mein eigenes zu überstehen.

Aber bitte, seht nicht mich als das Opfer, denn er ist es. Das ist ihm immer sehr wichtig. Viele Einträge schrieb ich gar nicht, oder löschte sie, oder schrieb sie ihm als Mail, weil ich ihn vollkommen falsch darstelle und in Wahrheit leidet er ja so unter mir.

Auch den Platz hier hat er mir genommen.

Jeder Eintrag war Anlass zum Streit, weil Kritik ist keine Kritik, sondern eine Boshaftigkeit, Gemeinheit, Bösartigkeit.

Dann schrieb ich betont positive Einträge, ließ vieles weg und fühlte mich nicht wohl damit. Dann gab es im Nachhinein Streit, weil es ja nicht sein kann, dass ich solche Dinge nur schreibe und Teile weglasse, egal ob das die Teile sind, wegen derer wir Streit haben.

Wie ich es mache, ist es falsch und wie es richtig ist, sagt er nicht.

Ich bin leider geübt darin, meine innere Sklavin wegzusperren und das habe ich wieder gemacht und sie regelrecht verleugnet und durfte mir anhören, wie gemein ich bin und gereizt, selbst wenn ich ihm nur noch aus dem Weg ging, was ihm ja auch nicht recht war.

Es tut verdammt weh zu hören, vom eigenem sogenannten Herrn, dass man zu etwas nicht fähig ist, nur weil man als Sklavin denkt, dass der Herr darüber bestimmt, bzw. es reglementiert. 

Ich kann mein Leben wunderbar alleine leben.

Ich weiß jederzeit was ich zu tun habe, was ansteht, was erledigt werden muss.

Ich kann eine Familie versorgen, umsorgen und den Alltag kombinieren für mehrere Personen.

Ich habe jederzeit alles im Griff, kann mich zusammenreißen, kann stark sein, wo andere zusammenbrechen und bin jederzeit handlungsfähig.

Aber ich bin es auch, die sich verschenkt hat, die sich als Eigentum jemandem geschenkt hat und ihre Rechte abgegeben hat.

Es ist eine Sache, ob ich diese Dinge kann, aber eine andere, ob ich sie machen möchte.

Ich möchte nicht bestimmen.

Das ist nicht meins, aber ich kann es.

Nur weil man etwas kann, heißt es nicht, dass man es mag.

Aber dass man dann, als dominanter Part einer Beziehung immer wieder raushängen lässt, dass die Sklavin ja unfähig ist, wenn sie versucht ihn bestimmen zu lassen, dann weiß ich auch nicht weiter.

In den letzten Jahren habe ich mir so oft anhören müssen, dass Dinge, von denen ich dachte, dass der Herr sie gerne bestimmt, einfach nur nervig für ihn sind, so dass ich sie komplett aus dem Kopf gestrichen habe.

Regelmäßig, wenn ich solche Themen angesprochen hatte, bekam ich zu hören, dass ich das doch selber kann, oder etwa nicht? Sei ich denn unfähig?

Das kratzt sicher bei jedem Menschen am Stolz und automatisch sagt und denkt man, dass man nicht unfähig ist und macht es eben.

Im Nachhinein betrachtet klammerten diese Gespräche von Anfang an alles aus, was mit DS zu tun hat, bis auf wenige winzige Ausnahmen.

Aber mir fällt keine Ausnahme ein.

Ich ging immer offen damit um, dass ich als TPE Sklavin leben möchte.

Ich kam gut erzogen zu ihm und bekam immer wieder Rüffel für die Dinge, die einen anderen Herrn erfreut hätte. 

Was für ihn eine Last war, mit der er mir deutlich zeigte, dass er abgeneigt und genervt ist, wäre für andere Herrn ein Grund zum Jubeln gewesen und irgendwann nimmt man diese Sicht an und verleugnet sich, seine Gefühle, seine Bedürfnisse immer mehr.

Wenn ich früher gefragt wurde, was meine Vorlieben sind, was ich mag, worauf ich stehe, konnte ich nur wenig antworten, weil ich sehr flexibel bin, mich meinem Herrn anpasse, seinen Wünschen entsprechen möchte, da ist wenig von meiner Seite, außer absolute Abneigungen, wie z.B. dass ich nicht bi oder lesbisch bin, oder körperliche Einschränkungen, z.B. dass ich aus gesundheitlichen Gründen anal nichts eingeführt bekommen darf. 

Dieses flexibel sein kann auch negativ ausfallen, das habe ich sehr hart lernen müssen.

Er mag nicht um Erlaubnis gefragt werden? Ok, mache ich nicht mehr.

Er mag nicht über irgendwas bestimmen? Ok, bestimme ich selber.

Er mag seine Ruhe haben? Ok, ziehe ich mich soweit es geht zurück.

Was bleibt noch übrig?

Wo bin ich in diesem Leben?

Ich erledige meine Pflichten. 

Dazwischen habe ich ein paar Pausen, damit ich nicht zusammenbreche.

Ich bekomme Vorwürfe, weil ich nicht mehr viel lese und nicht zum Malen komme, also erkläre ich, dass man dafür ein wenig einen freien Kopf brauche, aber zu belastet bin.

Am nächsten Tag bekomme ich das selbe an den Kopf gehauen, obwohl meine Belastung nicht weniger ist und mein Kopf kein Deut freier.

Wenn ich frage, wo ich am Tag meinen Platz fühlen konnte, bekomme ich die Antwort: "Natürlich nirgends!"

Frage ich es mit anderen Worten, in der Hoffnung, dass es weniger als Angriff aufgefasst wird, ist die Reaktion trotzdem schnippisch, weil ich ja schon wieder frage. Alle 24h fragen ist zu oft. Der Zeitpunkt meiner Frage ist auch immer unangebracht. Es wird immer ein Grund gefunden, warum man gerade jetzt nicht zu fragen hat. 

Beharrt man auf der Frage, um eine Antwort zu bekommen, sind es direkt Vorwürfe, die man machte und das ist böse und gemein.

Nicht einmal mehr fragen, ob man DS eventuell übersehen hat im Alltagsstreß, darf man.

Am Besten läuft es, wenn er arbeitet und ich mein Ding mache und er später PlayStation spielt und ich mich ins Schlafzimmer zurückziehe. Dann kommt er, wenn das Spiel neue Player sucht kurz vorbei und ist in den 2-5 Minuten umgänglich und nett.

Leider halte ich das nur einige Tage, wenige Wochen durch, dann muss ich es doch wieder ansprechen und der Streit geht von vorne los...

Ernsthaft, ich habe wirklich versucht das als DS zu interpretieren, mir zu sagen, wenn mein Herr so wenig Interesse an mir hat, mich so wenig sehen und interagieren möchte, habe ich das zu akzeptieren!

Aber dann bin ich doch eine zu schwache Sklavin und habe geringste Ansprüche, die aus mir heraus platzen und dann frage ich doch wieder, ob ich vielleicht DS an dem Tag übersehen habe und wo ich hätte meinen Platz empfinden können... und es geht von vorne los...


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