Donnerstag, 10. Februar 2022

Nichts

 Mit mir ist im Moment wenig anzufangen. Die Migräne Medikamente machen mich ganz müde und matschig, das Wetter ist kalt und grau, die Stimmung hier eher trübe und öde.

Gestern und vorgestern gab es keine "fünf Freunde", worum ich nicht böse war. Die Flecken auf meinem inneren Oberschenkel blühen auf und werden sichtbar und heute gab es wieder "Freunde Besuch", allerdings werden da auch kaum Spuren von bleiben, obwohl sie nicht sonderlich lasch waren.

Früher, in einem anderen Leben, hatte ich mich über Spuren, Male und Zeichnungen auf meiner Haut gefreut und jede Berührung, jede Erinnerung an meinen Platz, ließ mein Herz ein paar Takte schneller schlagen und zauberten ein Lächeln auf mein Gesicht.

Wenn nun, wenn überhaupt, mal eine Stelle später weh tut, dann tut sie weh. Mehr nicht. 

Sie sind nicht mit einer Erinnerungen an meinen Platz verbunden.

Kein Rahmen.

Es ist eher wie ein Flickenteppich. Hier mal was, dort mal was. Nichts konstantes, nichts zusammenhängendes. 

Mein Platz ist leer.

Und obwohl ich irgendwie versuche damit klarzukommen, sind es die kleinen Momente, die mich komplett fertig machen.

Monsieur spielt online mit anderen Leuten. Verschiedene. Zufällige.

Monsieurs Spiel startet, er ist aber noch was am machen und ich will ihn ein wenig necken, sage, ich würde nun was ganz schlimmes machen. Mit einem Kichern in der Stimme, dem Schalk im Nacken.

Also schnappe ich mir seinen super tollen mega perfekten Controller und latsche seinem Team hinterher. Ich weiß, man darf nicht laut sein, also mache ich keine Geräusche und schaue mich nach Feinden und Zombies um, schieße nicht, weiche allem aus, schaue einfach, dass seine Figur den Anschluß nicht verliert und was macht er? Rastet im Hintergrund aus. Das wäre eine soooo wertvolle Figur und ich würde ihm dadurch Punkte stehlen und seine Ausrüstung, oh Gott, seine Ausrüstung!

Irgendwann bemerkte er, dass ich nichts schlimmes gemacht habe, er nicht gehört wurde, nicht gefunden, nichts verloren hat, alles tippi toppi ist und beruhigt sich.

Verstehe ich nicht. 

Es ist ein Spiel.

Ein Spiel!

Aber gut, ich sage nichts weiter und er spielt weiter und ich spiele mit dem Hund und passe einen Moment nicht auf und zack, komme ich mit dem Arm gegen ihn, oder seinen Controller, jedenfalls schießt er versehentlich und direkt wieder ein dickes Drama! Oh nein, er hat geschossen, gegenüber von Feinden, die wissen nun wo er ist, um Himmelswillen!

Dann kommt man sich wie ein kleines Nichts vor und das Spiel und die Mitspieler sind so viel wichtiger und man ist unwichtig. 

Dann sagt er manchmal, dass er mit mir die meiste Zeit seines Lebens verbringt und mit sonst keinem und dass das zeigen würde, wie wichtig ich ihm bin.

Tut mir leid, nein.

Die meiste Zeit geht für das Spiel drauf. Es gibt Tage, dann ist es vielleicht mal anders, aber das ist eine Ausnahme.

Für mich als Person bleibt so gut wie keine Zeit.

Wir essen gemeinsam, schauen mal einen Film oder gehen einkaufen, aber sonst? Im Moment kommt er manchmal mit zur Hunderunde, das erhöht den Zeitraum enorm, selbst wenn es nur mal eine Stunde ist.

Ich möchte nicht unfair sein. Viele Möglichkeiten fallen weg, seit es Corona gibt, weil wir nicht mehr in Cafés gehen, oder in die Sauna oder dergleichen und im Moment auch draußen wenig möglich ist.

Aber wirklich mit mir beschäftigen?

Sich mal Gedanken machen?

Wenn es akut ist, ein akutes Problem, dann ja, dann ist auf Monsieur Verlass und er ist für mich da.

Vielleicht bin ich zu anspruchsvoll.

Vielleicht verlange ich zu viel.

Vielleicht legen wir auf unterschiedliche Dinge wert.

Aber glücklich bin ich so nicht.

Dann ziehe ich mich in mein Schneckenhaus zurück, gehe aus dem Weg, versuche mich selber wieder aufzubauen und sage mir, dass ich was wert bin, dass ich ein guter Mensch bin und dass ich es verdient habe, dass man mich gut behandelt.

Bis die nächste Aktion passiert und mir wieder vor Augen gehalten wird, dass das nicht jeder so sieht...



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