Ehrlicher Blog
Mir war immer wichtig, dass mein Blog, mein Tagebuch, ehrlich ist. Dass hier nicht nur Sonnenscheinmomente stehen, wobei ich die am Liebsten habe! Sondern auch die Regentage, denn beides zusammen macht eine Beziehung aus und ich finde diese Schönwetter-Blogs irgendwie surreal und mache mir meine eigenen Gedanken, wie es im Hintergrund wohl wirklich zugehen wird...
Egal!
Ich hatte ja, bei einem Rappel, alle Einträge rausgenommen, den Blog auf "Einladung" gestellt und mir Gedanken machen wollen und das habe ich.
Erst dachte ich, ich möchte diese negative Lawine einfach nicht mehr im Blog haben! Also wollte ich große Teile nicht wieder online stellen und begann bei den ersten Einträgen von 2018! Ich las sie mir anfangs wirklich durch und fühlte mich schön zurückerinnert.
Die Anfänge waren voller Sehnsucht und Freude aufeinander. Treffen, die toll verliefen und wenn mal etwas nicht optimal lief, hatten wir Lösungsstrategien. Sie waren liebevoll, DS reich und betrafen zwei Menschen, die die Welt offen vor sich liegen hatte.
Mit dem Zusammenziehen wurden die Einträge immer trüber, trauriger, problembelasteter, da begann ich auch eher zu überfliegen, als zu lesen und mir fiel auf, dass das auch unsere Entwicklung ist. Dass diese hässlichen Momente und Ereignisse ein Teil davon sind!
Klar, die mag man nicht sehen, oder öffentlich zugänglich machen, aber sind es nicht genau diese Zeiten, die einen Blog authentisch machen und anderen Menschen helfen können, indem sie sehen/lesen, dass sie nicht alleine sind und woanders ähnliche Probleme vorliegen?
Es braucht Stärke, um das auszuhalten und Menschlichkeit für das früheren Ich.
Klar, die meisten Leser mögen über sexy Time lesen und das am Besten voller triefender Details, aber so ist das Leben nicht.
Jedenfalls machte es mich traurig, als ich merkte, wie früh es schon zu bröckeln begann. Wie viele Regeln und Rituale wir hatten und wie schnell sie eingestampft wurden.
Nein, ich lasse sie nicht weg, sie gehören dazu, in all ihrer unerträglichen Hässlichkeit, sind es dennoch wichtige Gedanken und Gefühle und wenn da draußen auch nur ein Mensch davon profitiert, dann freut es mich und wenn nicht, dann ist das auch vollkommen in Ordnung, denn das hier ist mein Tagebuch. Nun schon 20 Jahre lang mein Tagebuch! Schaut halt weg, wenn ihr nur Wichsvorlagen sucht :) Dann ist man hier sowas von falsch...
Überhaupt, ich finde es auch im Chat, bei PNs und sonst wo total schwierig, wenn man einfach als Wichsobjekt benutzt werden soll, obwohl man das nicht möchte und dann wie Müll behandelt wird, wenn man klarstellt, dass man damit nichts zu tun haben will. Damit zeigt der Wichser was für ein Mensch er ist und outet sich. Anstand ist im Internet eine Rarität geworden, umso mehr schätze ich die Menschen, die noch menschlich und gut erzogen sind.
Mag sein, dass da draußen Leute sind die sagen, dass sie öffentlich nie im Leben so reden/schreiben würden. Gut, kann ja jeder handhaben wie er/sie möchte. Ich mache auch nicht meine Wohnungstüre zu und benehme mich dahinter wie ein Arschloch, weil es da eben keiner sehen kann und die Nachbarn nichts mitbekommen dürfen. Ich bin wie ich bin, bei offener und geschlossener Türe und versuche jeden angemessen zu behandeln oder besser sogar, aber verstellen tue ich mich nicht, verstecken ebenso wenig und wenn Du was zu verbergen hast, bist Du mir suspekt. Man muss sich in all seiner Gesamtheit annehmen und aushalten können.
Jeder kannte die Kinder, die eine heile Welt zuhause hatten, bis die Türe zu war. Davor waren deren Mütter Engel, mit so viel Zucker in der Stimme, dass es nur so klebte und zuhause, alleine, wenn keiner was sieht, dann packten sie ihr wahres Gesicht aus. Hauptsache keiner bekam es mit... nur dass diese Kinder auch Freunde hatten und dann erzählten wie es hinter der Wohnungstüre war und man mit seiner eigenen, leicht verkorksten Familie viel zufriedener war, nachdem man erfuhr, wie es bei manchen in Wahrheit aussah.
Also mache ich mir keine Mühe, raube mir keine Energie und bin halt wie ich bin. Und so ist auch mein Blog.
Ich muss nicht jedem gefallen. Reicht, dass ich mich selber mag und alle anderen sind nur ein Bonus :)
Nachtrag:
Umso mehr Einträge ich von meinen ersten Jahren überhaupt lese, umso mehr fällt mir auf, wie jung, naiv und unwissend ich war.
Sind wir mal ehrlich. Mit 19 lernte ich das Wort "devot" kennen und begreifen. Als ich in den Chat ging, nein kein schöner Chat wie heute, sondern ins IRC, da gab es im deutschen Bereich kein Verständnis für DS, sondern lediglich SM und wenn man dann erklärte, dass man nicht maso ist, sondern eben lediglich devot, stand man ziemlich verloren da und wurde als altmodische Hausfrau bezeichnet.
Dann lernte ich diesen einen Typen kenne, SirStiev, der wenigstens ein Sir im Namen hatte und mich verstand, weil er sich eigentlich viel mehr im englischen Raum herumtrieb und auch DS suchte.
Dummerweise war er 12 Jahre älter, viel viel erfahrener und, tut mir leid, ziemlich gestört, was er aber gut verbergen konnte. Oder ich übersah es. Was weiß ich.
In den alten Einträgen war ich mir noch nicht so sicher, was ich suche, was ich brauche, wollte alles erleben, alles mal machen, alles testen und versuchen!
Stellenweise liest es sich ziemlich zickig, zum Beispiel als ich einen Kuss verweigern wollte, weil ich dachte, dass er mir in den Mund spucken möchte. Was nicht dort steht ist, dass er das früher regelmäßig machte, aber nicht so regelmäßig war er beim Zähne putzen dabei und ja sorry, ich ekele mich schnell...
So so vieles steht nicht da. Wie er mich seelisch misshandelte und mein Leben zur Hölle machte und ich trotzdem versuchte seine perfekte Sklavin zu sein, wie er sie sich vorgestellt hatte.
Er fickte mich dann einfach mal wieder ordentlich durch, zog ein paar Mal am Halsband und schon war alles wieder in Ordnung, in meiner kleinen Welt, weil ich es mir so sehr wünschte! Weil ich vom Kindergartenalter an das Bild im Kopf hatte von einer kleinen Familie, einem Mann, ein paar Kindern und ein paar Haustieren und mir das so so sehr wünschte, dass ich vieles ausblendete.
Da steht nichts von, wie ich mit 12cm Absätzen permanent rum rennen musste, egal wo und wie. Auch nichts vom Winter und keine Unterwäsche, keine Strumpfhose tragen dürfen, egal wie kalt es war.
Da steht nichts davon, dass ich so jung war und einen verantwortungsvollen Menschen an meiner Seite gebraucht hätte, statt einem labilen Typ, der schon mit sich selber überfordert war.
Ich bin jedenfalls sehr froh, dass ich irgendwann stark genug war und mich trennen konnte. Mich mit dem Gedanken anfreunden konnte, dass ich mich scheiden lasse, auch wenn ich es als großen Verlust und Schande sah, war es so erleichternd! Meine anfängliche absolute Hörigkeit aufgegeben zu haben und frei zu sein, frei für ein Leben ohne diesen Ballast und die Ängste, die ein Leben mit einem psychisch kranken Menschen so mit sich bringen und die Welt zur Verfügung zu haben, mit all dem Wissen über sich selber und all der Erfahrung. Denn sind wir mal ehrlich, negative Erlebnisse lehren uns viel mehr, als positive und ich war hinterher so gefestigt mit dem Wissen über meine innere Sklavin. Keine Zweifel, keine Ratlosigkeit, warum ich nicht funktioniert hatte, sondern das Wissen, dass es nie hätte funktionieren können, weil man sich keinem Menschen unterwerfen kann, zu dem man kein Vertrauen hat, der einen fortwährend verletzt, enttäuscht und verlässt. Das nennt man Selbstschutz.
Ich muss mich teilweise selber über meine alten Texte wundern, aber das ist mit dem heutigen Wissen, mit dem heutigen Abstand und ohne die seelische Abhängigkeit. Meinem damaligen Ich würde ich so gerne vieles erklären, aber das geht ja leider nicht und vieles muss man am eigenem Leib zu spüren bekommen, damit man es wirklich begreift.
Man bin ich gereift, gewachsen und erfahren.
Und stolz auf mich, dass ich heute so bin wie ich bin :)
Damals war ich regelmäßig überfordert und war sicher nicht immer nett zu ihm oder fair. Ich habe zu viel gefordert und erwartet und dabei übersehen, dass er unfähig war, ohne es sich eingestehen zu können und ich war zu jung um das zu begreifen.
Ich möchte ihm im Nachhinein keinen schwarzen Peter zuschieben. Es ist passiert was passiert ist. Jeder hat reagiert wie er konnte und man kann nichts mehr ändern.
Es ist wie es ist.
Wir sind dadurch die Menschen, die wir heute sind.
Jeder kleine Entscheidung und Reaktion hat uns dazu gemacht.
Ich betrachte nicht das Leid, ich schaue lieber darauf, was für ein Mensch ich heute bin.
Ich habe mich selber auf den Beinen gehalten und habe für alle alles gegeben, manchmal über meine Kräfte hinaus und ich denke, dass es gut so war.
Ich habe mir nichts vorzuwerfen und bin im Reinen mit mir.
Nicht perfekt! Wer ist auch schon perfekt… Ich bin menschlich und habe ein großes Herz. Ich teile gerne, gebe lieber als dass ich nehme und bin für jeden da, der ein Ohr, eine Schulter, oder zwei starke Hände braucht.
Ich bin groß geworden und habe Stellen meines Wachstums im Blog verewigt. Die schönen Seiten und die Schandflecken ebenso.
Dennoch ergibt sich nie ein komplettes Bild ein Blog ist einseitig geschrieben, weil er nur eine Perspektive abbildet und die größten Teile des Lebens weglässt und einen Scheinwerfer auf bestimmte Stellen leuchtet, die dann vielleicht wie ein Ganzes erscheinen und doch nur einen Bruchteil präsentieren.
Es ist wie ein Schlüsselloch. Du siehst nur einen kleinen Teil.
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