Déjà-vu-Gedanken

 In einem Chat sprach mich ein vertrauter Herr an. Sehr lieber und höflicher Mensch, ein Genuss in Anbetracht des üblichen Klientels. 


Er wollte, nachdem er sich nach meinem Wohlbefinden erkundigt hatte, das Thema Déjà-vu-Gefühle ansprechen, durch meine alten Blogeinträge und die derzeitige Situation. 

Ja, ich habe viele Déjà-vu-Gedanken, natürlich, denn damals war es auch oft das Thema von SirStiev, meinem Ex-Ehedom, und mir. Es gab, teilweise sogar über Monate hinweg, Phasen, in denen es perfekt lief. Und dann, wenn ich mich am wohlsten fühlte, brach er ab und machte rein gar nichts mehr. 

Das Schicksal einer Sklavin ist leider, dass sie ihren Herrn braucht. Ich war damals hörig und abhängig von ihm, was ich in der Form nie wieder haben möchte, weil ohne ihn teilweise nichts mehr ging. Ja, das war wirklich ungesund. Man darf auch nie vergessen, dass ich ihn ein paar Tage nach meinem 20. Geburtstag kennengelernt hatte und kaum reale Erfahrungen hatte. Mit 20 ist man noch so naiv im Kopf, glaubt jeden Mist, und ja, Mist gab es viel, leider. Meine älteren Freunde warnten mich, und ich wollte es nicht sehen und nicht wahrhaben. Sie hatten ihn wohl eher durchschaut als ich. 

Damals war ich so geblendet, weil ich dachte, dass er endlich einer sei, der genau das leben möchte, was ich mir auch wünschte. Er war so grenzenlos in seiner Fantasie und Kreativität, dass ich ihm alles glauben wollte. Dabei begann alles schon am Anfang mit Lügen, mit ständigem Flüchten und nicht mehr erreichbar sein. 

Er hatte sich in Situationen, die teilweise überlebenswichtig waren, rücksichtslos verhalten und durch Lügen mein Leben sehr negativ beeinflusst. All das steht nicht in den Blogeinträgen, und ich gehe hier auch nicht ins Detail, weil es a) nichts bringt und b) Abgründe seiner Psyche aufzeigen würde, die ihn wirklich nicht gut dastehen lassen. Manche wissen, von wem ich rede, kennen ihn real, und ich möchte ihn damit schützen. 

Anfangs, nachdem ich mich getrennt hatte, hätte ich ihm am liebsten sonst was angetan. Hätte ihn gerne verprügelt, vom Rad geschmissen, was weiß ich. Aber wenn ich ihn dann doch mal zu Gesicht bekam, tat er mir schlicht leid. Er ist auch ein Opfer, ein Opfer von sich selbst, und hat fast alles in seinem Leben immer wieder vermasselt. Dann tut er mir eben leid, und ich denke: Ich kann wenigstens normal weiterleben und mit mir zufrieden sein. Wenn ich etwas richtig mache, kann ich stolz darauf sein. Ich muss mir nur wenig im Leben vorwerfen. Mit seiner Schuld möchte ich nicht umgehen müssen, wobei ich nach wie vor nicht weiß, ob er das überhaupt so empfindet. 

Der nette Herr aus dem Chat musste schnell wieder los, und wir konnten das Gespräch nicht weiterführen. Daher weiß ich nicht, was er genau ansprechen wollte, ob er sagen wollte, dass ich Schuld an meinen Beziehungen habe, wenn sie immer gleich ablaufen, oder dass ich mir die falschen Herren aussuche, oder was er eben wissen und ansprechen wollte. 

In der Psychologie heißt es doch, dass man sich immer die falschen Männer aussucht, weil man das Gewohnte wieder auswählt. Kein Mensch mag Veränderungen. 

Ich würde nicht sagen, dass Monsieur wie SirStiev ist. Dazu gleich mehr. 

Ich kann auch nicht behaupten, dass es an mir liegt, da ich schon funktionierende TPE-Erfahrungen gemacht habe. Ich kann wunderbar gehorchen, mit nur wenigen „Ausbrüchen“, und liebe es, Entscheidungen und Verantwortung abzugeben. Nur muss da eben jemand sein, der mir auch das Gefühl gibt, dass er diese Entscheidungen und Verantwortungen gerne übernimmt, der meine Erziehung in die Hand nimmt und Zeit und Gedanken in mich investiert, wie es wohl bei jeder Sklavin ist. Wir brauchen eben Richtlinien, damit wir uns daran halten können. Und der größte Feind ist der Vertrauensbruch. Ist das Vertrauen dahin, kann man keine funktionierende TPE-Beziehung führen, denke ich. Ich muss meinem Herrn vollkommen vertrauen können, damit ich mein Leben in seine Hände legen kann. Ich muss mich auf ihn verlassen können, und genau das ist oft das Problem. 

Bei SirStiev waren es Lügen und das ständige Wegbleiben. Dass er sagte, er fahre heim und dann nicht ankam und sich erst am nächsten Morgen, wenn überhaupt, meldete. Teilweise waren es auch mehrere Tage, einmal sogar eine ganze Woche. Ich wusste nie, ob er, sobald er die Wohnung verlässt, wiederkommt und wann. Ja, das war eines der Grundprobleme, aber die wirklich großen Vertrauensbrüche mag ich hier nicht schreiben, weil es wirklich schlimme Dinge waren. 

Das kann man nicht mit einem Monsieur vergleichen, der sich immer meldet, auch wenn ich wirklich ungelegen anrufe, weil ich mich mit der Zeit seiner Termine vertan habe, und der trotzdem rangeht und fragt: „Gibt es einen Notfall? Ich bin noch im Termin...“. Der mir immer in den Kalender einträgt, wann und wo seine Termine sind, und sich danach kurz meldet, wenn er auf dem Heimweg ist. 

Er kennt meine Vergangenheit, kennt meine Ängste, wenn es um das Thema geht, und von Tag 1 an hat er das berücksichtigt und sich teilweise sogar so oft gemeldet, dass es mich total genervt hat. Gleichzeitig war ich aber auch immer froh! 

Wenn es Notfälle gab, war er immer da und half mir, wo und wie er nur konnte, und verschwand nicht einfach. Ich kann mich darauf verlassen: Wenn Not am Mann ist, unterstützt er mich und das, was mir wichtig ist, egal, worum ich bitte. Das ist nicht selbstverständlich! 

Gelogen hat er, soweit ich weiß, nur zwei Mal, wobei wir bis heute streiten, ob es wirklich eine Lüge war. Man kann es so oder so sehen, tut hier auch nichts zur Sache. 

Unser Problem ist aus meiner Sicht, dass er zu oft streitet und mich dabei verbal verletzt. Wenn mich mein Herr emotional verletzt, habe ich ein Problem. Dann fahren meine Mauern hoch, und ich schütze mich. 

Ich bin eine Überlebenskünstlerin, wortwörtlich, und ich habe gewisse Schutzmechanismen, dazu stehe ich. 

Jedenfalls passierten diese Verletzungen zu oft, und ich habe nun Probleme, mich wieder vollkommen zu öffnen. 

Dazu kommt, dass wir nicht durchgängig DS haben und ich nie weiß, wann er wieder abbricht und ich mich nicht auf ein konstantes DS-Verhältnis verlassen kann. Immerhin bekommen wir mittlerweile einige Standards permanent hin: nachts die Kette und das Schloss am Halsband, regelmäßige korrekte Ansprache, mein Knietisch beim Essen. 

Wir arbeiten daran. 

Es ist also ziemlich unfair, wenn man SirStiev mit Monsieur vergleicht. Das hier ist ein DS-Blog, und ich lasse viel aus meinem privaten Leben raus, wobei Monsieur findet, dass noch zu viel drin ist. 

Ich versuche, eine gute Balance zu haben. Jedoch sind es eben immer nur kleine Teile von einem ganzen Leben, und die Persönlichkeit ist dann natürlich schwierig einzuschätzen. 

Ich finde auch, dass es ziemlich viel Mut erfordert, meine alten Einträge wieder zu veröffentlichen. Das damalige Ich hat nicht mehr viel mit meinem heutigen Ich zu tun. Man lernt permanent dazu, durch gute und schlechte Situationen, durch die Bälle, die das Leben einem zuwirft, und die Antworten, die man darauf gibt. Ich bin so viel gewachsen und habe mir einen Schutzpanzer zugelegt, habe an Menschenkenntnis dazugewonnen und weiß, was ich brauche und was ich will. Ich habe hart an mir gearbeitet und tue es noch immer, gerade weil das Leben nicht immer gut zu mir war und ich mir auch falsche Schutzmechanismen angewöhnt hatte. Sie zu erkennen, ist schwierig, aber wenn man sie findet, kann man sie schnell beseitigen, das ist schön. 

Die wichtigste Erkenntnis ist und bleibt, dass jeder, wirklich jeder Mensch, einfach geliebt werden möchte. Geliebt, wie er ist, für sein Wesen, ohne Kompromisse. Jeder sucht nach Liebe. 

Meine Schwester hielt mir mal eine kleine Ansprache, als ich in meiner Ehe mal wieder so enttäuscht und unglücklich war. Sie hatte viel mitbekommen und wusste eigentlich immer alles. An dem Tag meinte sie zu mir: „... dabei möchte die kleine Bianca doch einfach nur liebgehabt werden und in den Arm genommen werden." Ja, das möchte ich, und ja, das möchte wohl jeder. 

Wenn man, egal wie ekelhaft ein Mensch zu anderen oder zu einem selbst ist, diesen Gedanken einfließen lässt, sieht man sein Verhalten mit anderen Augen. Da ist ein Mensch, der sich ungeliebt fühlt und so versucht, es zu kompensieren. Ja, das klingt nun zu einfach, und das ist es auch, denn natürlich kann man damit nicht alles rechtfertigen, aber oft ist es eben so. Dieser Geltungsdrang in der Welt, ganz einfach: Wenn man sich selbst gerne hat und mit sich zufrieden sein kann, dann braucht man keinen Zuspruch von außen, sondern kann sich diesen Zuspruch selbst geben. 

Ich versuche, mein Wohlbefinden im Blick zu haben. Wenn es mir gut geht, dann geht es den Menschen um mich herum gut. Für diesen Gedanken und vor allem das Zulassen dieses Gedankens habe ich sehr lange gebraucht, weil ich immer dachte, dass es zu egoistisch ist, dass es nicht um mein Wohlbefinden geht. Aber jeder, der mal wirklich mit sich im Einklang war, der strahlte, weil es ihm so gut ging und es eben auch ausstrahlte, der weiß, wie die Menschen dann auf einen reagieren und wie gut sie sich in deiner Gegenwart fühlen. Das ist der beste Zustand für alle. 

Monsieur fragte mich auch, was es mit mir macht, dass ich die alten Einträge lese, zumal er weiß, wie SirStiev teilweise war. 

Es macht viel mit mir. Vor allem versöhnt es mich mit mir. 

Ich hatte wirklich Angst davor, sie zu lesen, weil ich immer auch weiß, was nicht geschrieben wurde, aber im Hintergrund ablief, und sie anders in Erinnerung hatte, als ich sie nun wirklich empfinde. 

Es shiftet sich um, was recht lustig ist. Ich hatte Angst vor der Gewalt, bin aber nun eher belustigt, wie mein früheres Ich war, was ich so nicht mehr im Kopf hatte. 

Am allerschlimmsten finde ich den Satz: „Ich weiß doch, wie er wirklich ist!" oder so ähnlich, in dem Zusammenhang, dass ich besser weiß, wie SirStiev ist, als er selbst. 

Würde ich so nie wieder sagen oder schreiben! 

Man kann nie wissen, wie jemand wirklich ist. Selbst die Person selbst kann es nicht wissen, und ich muss noch immer darüber lachen. Gleichzeitig schäme ich mich fürchterlich und muss dann noch mehr lachen. 

Aber so war ich eben, wie viele in dem Alter. Man denkt, man wisse alles, und weiß eigentlich herzlich wenig, ohne es zu ahnen. 

Dann dachte ich mir, als ich den Eintrag reinstellte, dass nun jeder denkt, wie bescheuert und böse ich war. Aber das ist mir egal, siehe oben, ich kann darüber lachen, und das zählt. 

Wie andere mich sehen, kann und möchte ich nicht beeinflussen, weil es ihr Denken und ihr Fühlen eher spiegelt als meins. Was man in anderen sieht, ist oft das, was man selber in sich übersehen möchte. 

Ich kann mich gut davon frei machen, was andere über mich denken. Bis vor Kurzem wollte ich mich noch erklären und korrigieren und erklären, warum ich was wie mache und warum ich nicht so bin, wie der andere mich sieht. Aber die Zeiten sind vorbei. Wahrscheinlich kann man ohnehin das Denken der anderen Person nicht beeinflussen. Sie sehen einen, wie sie möchten, und ich denke eben auch, was sie bei sich gerne übersehen. 

Ich höre mir das nun an und denke mir meinen Teil. Ich weiß, warum ich was wie machte und mache, und bin nur mir selbst Rechenschaft schuldig,  und Monsieur, wenn er es wünscht. Das genügt. 

Um einen Kreis zu malen, nun wieder zum Anfang zurück: Ich weiß nicht, was der nette Herr aus dem Chat genau ansprechen wollte, aber es brachte viele Gedanken in mir hervor, und ich sprach auch mit Monsieur darüber (er weiß immer von allem). Und es ist schön, denn diese Gedanken stießen diesen Blogeintrag an, den ich für mich als sehr wertvoll empfinde. 

Da bin ich heute mal egoistisch, denn ob es dem Leser auch so geht, interessiert mich nicht wirklich. Es ist mein Tagebuch, das ich für Monsieur und mich führe, und gerade die alten Einträge zeigen mir, wie wichtig dieses Zeitdokument ist, wenn man es 20 Jahre später wieder liest. 

Ich habe so viel vergessen! Unglaublich ... 

Und solche Gedanken, durch die Blogeinträge und durch die Chatgespräche, bringen mich dann auch in meiner Entwicklung weiter. Denn es zeigt mir Punkte auf, an denen ich noch zu arbeiten habe, wenn ich auf meine Gefühle höre und achte. Das ist wertvoll. Genau genommen kann alles im Leben wertvoll sein, wenn man nur genau genug hinsieht. 

Sogar Streiten kann wertvoll sein, alleine schon, wenn man schaut, warum man immer auf die gleiche Art reagiert und es schafft, sein Verhalten im Streit zu betrachten, statt blind vor Wut und Emotionen zu sein. 

Ach, und da zitiere ich sehr gerne meinen Ex-Herrn! Liebe Grüße und einen herzlichen Knuddler, falls du das liest! Ich fragte ihn, wie ich im Streit reagieren soll, denn wir kamen beide aus gestörten Beziehungen und hatten ähnliche Probleme und streiten als solches satt. Er gab die perfekte Antwort, und als ich sie das erste Mal bei ihm anwandte, konnte ich seine Überraschung und Freude körperlich spüren, dieses kurze Innehalten, hilflos die Arme zur Seite ausgestreckt vor Überraschung, dieses Zögern und dann Begreifen. Seine Antwort war: „Nimm mich doch einfach in den Arm!" Und ja, das tat ich dann auch, und es beendete einen Streit sofort, weil es die Hilflosigkeit und Verletzlichkeit zeigt. 

Eine andere Methode von ihm war, dass ich mich beim Streit hinknien musste, die Stirn auf den Boden legen. So kann wenigstens nur einer streiten. Aber das ist eine andere Sache. Egal. Behaltet das mit dem Knuddeln im Kopf, wenn ihr das nächste Mal streitet. Oder betrachtet eure Emotionen und Reaktionen, das ist auch sehr spannend. Oder, am besten: Streitet erst gar nicht, wobei das immer auch wie ein klärendes Gewitter sein kann. 

Ich streite nicht gerne. Ich boykottiere es geradezu und versuche, nichts beizutragen. Man kann über alles reden und diskutieren. Streiten verletzt nur Gefühle, und manche Menschen sagen dann Dinge, die sie hinterher bereuen. Aber einmal ausgesprochen, kann man sie nicht rückgängig machen, und der Schaden ist angerichtet. 

Ich habe zu viel gesehen, zu viel erlebt, als dass ich mich noch streiten möchte. Es ist unproduktiv. Mindestens einer leidet darunter. 

Habt im Kopf, dass jeder geliebt werden möchte, so wie er eben ist, in seinem vollkommenen Wesen. 

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