Heute wieder ein Dialog. Ich schrieb einen Text (blau) und mein Herr fügte seine Sicht (rot) ein
Mein Herr und ich hatten gestern einen wirklich fürchterlichen Streit!
So mit herum schreien und Vorwürfe machen, unfair sein und gemeinen Sachen aussprechen, die man in der Wut sagt, aber gar nicht so meint.
Manchmal braucht man ein klärendes Gewitter, allerdings haben wir wieder einen ungesunden Grundtenor und der Ausbruch war lediglich das übergelaufene Fass.
Im Prinzip hapert es immer an den gleichen Dingen. Immer die selben Vorwürfe, immer die selben Anschuldigungen, als hätte sich in der Zwischenzeit nichts verändert, wäre nichts gewachsen, hätte man nichts dazu gelernt.
Total erbärmlich.
Lenrprozesse sind vielgestaltig; ich denke, wir lernen viel aneinander – auf emotionaler, intellektueller, kommunikativer Ebene. Es sind die in Frage stehenden Einsätze, die zu Vorwürfen und Anschuldigungen auf beiden Seiten führen. Dann streiten wir uns wie die Kesselflicker, kündigen – für den Moment! – den grundsätzlichen Kontrakt auf, der uns beide eigentlich bindet: nämlich die Grundannahme, dass der jeweils Andere gute Absichten hat (die er vielleicht mit untauglichen Mitteln zu realisieren sucht).
Gerade wenn das Fass mal überläuft, wenn wir mit den Nerven runter sind, dann ist das m.E. weniger ein Ausdruck manngelnden Lernwillens, sondern pures Gefühl; Wut, Verzweiflung, die ein Ventil braucht. Und auch wenn wir eigentlich wissen, dass der Andere uns nichts Böses will, können wir diese Erkenntnis in diesem Moment nicht zulassen. Später aber schon – und für mich wage ich zu sagen, dass ich danach handle und dann versuche, über den Graben, den wir beide im Zorn gegraben haben, hinwegzusteigen.
Ich saß im Auto und dachte wirklich, dass ich umgehend meine Sachen packen möchte und weg, einfach weg weg weg.
Es ist so schwierig.
Mir fehlt der rote DS Faden, der durch mein Leben läuft sehr und ich kann so nicht der ausgeglichene und ruhige Mensch sein, der ich bin, weil ich zu gestreßt bin, zu gehetzt, zu viel im Kopf habe und er sagt, er ist nicht an allem Schuld und aus dem und dem Grund kann er im Moment kein besserer Herr sein.
Wir haben Grund verschiedene Lebensmodelle.
Ich sage, ich brauche DS, damit ich ein glückliches und erfülltes Leben habe und den Alltag nicht nur bezwingen, sondern auch meistern kann.
Er sagt, er braucht gewisse Grundvorraussetzungen, damit er überhaupt DS leben kann.
Sein Model besagt, warten bis es passt und meins sagt, durch DS wird es passend.
Ich bin die Sklavin, ich muss zurück stecken und warten...
aber wie lange?!?
Und was, wenn es wieder x unendliche Jahre sind, bis die Erkenntnis kommt, dass es eh nie was werden kann?
Ich weiß nicht, ob es wirklich unterschiedliche Lebensmodelle sind, die hier in Frage stehen, oder nicht vielmehr unterschiedliche Rollen in der D/s-Dynamik: Du brauchst D/s, um dich wohlfühlen zu können, es gibt dir den Rahmen, der dir Frieden und Ruhe stiftet. Unter Führung kannst du dich hingeben, kannst dich – wie du es in anderen Zusammenhängen sagst – "treiben lassen". Ich sage, ich brauche bestimmte Voraussetzungen, um D/s leben zu können, genauer: ein Herr sein heißt für mich nicht ganz unwesentlich das eigene Umfeld und sich selbst unter Kontrolle haben. Und auf Basis dieser Kontrolle kann ich erst den Rahmen entfalten, in dem sich dann das realisiert, was du als Führung oder "roten Faden" empfindest.
Dieser Kontrolle sind gewisse Grenzen gesetzt – ins Detail zu gehen steht mir hier nicht frei –, heute mehr als früher, und das empfinde ich als große Herausforderung. Jetzt wird ja jeder sagen, der das hier liest: "Dann, Herrgottnochmal, ergreif halt die Kontrolle und jammer nicht so rum!", aber so einfach liegen die Dinge nicht. Das Leben verlangt uns Kompromisse ab, und früher konnte ich kompromissloser sein, mein Ding machen, und das fehlt mir heute ab und an. Mir fehlt D/s auch, aber wenn diese grundlegende Kontrolle nicht gegeben ist, dann ist "Herrschaft" nur eine Illusion, und ich komme mir vor, wie der Kaiser im Märchen von des Kaisers neuen Kleidern. Für den Herrn ist D/s eben kein Sich-einfügen, kein Sich-treiben-lassen, sondern Planung, Übersicht; es ist eben eine andere Rolle in der Dynamik. Diese braucht, so mein Standpunkt, eben eine gewisse Ausgangslage (und ich habe einen beträchtlichen Teil meines Lebens darauf hingearbeitet, eine solche Ausgangslage zu schaffen).
Seltsamerweise fuhren wir schweigend zurück in unsere Heimatstadt (wir hatten einen Ausflug gemacht) und mussten noch etwas einkaufen.
Für mich war eine große gefühlte Kälte zwischen uns.
Dann jedoch, im Laden, beruhigte er mich mehrfach. Nahm mich in den Arm, sagte ich solle mal durchatmen und später, weil es nur minimal besser wurde, sagte er: "Meine Schnürsenkel sind offen, würdest Du ihn mir bitte binden?"
Ich begab mich auf meine Knie, mitten im Laden und band seinen Schuh neu zu, denn er war natürlich nicht offen.
Noch nicht fertig mit dem einen Schuh, hängte er direkt dran, ich solle auch den anderen binden, was ich umgehend tat und noch einen kleinen Moment verweilte.
Ich kann es nicht oft genug sagen, knien ist für eine Sklavin ein Allheilmittel.
Es ging mir besser, zwar war ich komplett verwirrt, aber ruhiger, entspannter und weniger gestreßt.
Es sind diese kleinen Dinge, mit denen ich nach unseren Streits das Machtgefälle wiederherzustellen versuche, das für deine Balance so unendlich wichtig und für mich ein Quell der Freude ist , weil gerade in diesen Momenten wieder für mich hervortritt, was für ein besonderer Mensch du bist.*4. Einschub (nach "Sehr schwierig"):*
Nein, kein Ein/Aus-Schalter, eher: Schaffen von Voraussetzungen; ich gebe zu, da könntest du mehr Führung gebrauchen, da wünschst du dir klare Vorgaben, den Blick des Herrn auf dir. D/s ist aber nicht weg, es ist weniger prominent, nicht im Fokus, wenn wir für uns arbeiten. Da muss ich wieder Schritte auf dich zu machen, ohne dass es zu einem "topping from below" wird, deine Bedürfnisse stärker in den Fokus rücken, Herrschaft dauerhaft etablieren, indem ich erwünschtes Verhalten einfordere und positiv verstärke und so die Kontrolle über mein Umfeld und mich selbst festige.
Zuhause dann der Kontrast, als wäre alles weg.
Er setzt sich an seinen Schreibtisch, erledigt Zeug, ich lege Wäsche zusammen und schaue eine Doku, berichte ein wenig, was ich sehe und was ich denke, ansonsten fand kaum eine Kommunikation statt.
Keine Struktur für mich, von ihm, keine Anweisung oder irgendwas.
Für mich ist es gefühlt, als würde man einen An- Ausschalter betätigen. Sehr schwierig.
Ich hätte nicht viel erwartet, vielleicht, dass er fragt was ich machen werde und sein ok gibt. An etwas wie z.B. die Manschetten zuhause zu tragen, oder ein zusätzliches enges Halsband, daran wage ich schon nicht mehr zu denken.
Abends im Bett habe ich eine penetrante innerliche Unruhe gehabt. Ich finde es einfach wirklich schwer erträglich ab und an einen Happen zugeschmissen zu bekommen und dann wieder gar nichts. Ich lag im Bett, war eigentlich sehr müde und fand dennoch keine Ruhe.
Die Kette war wie immer am Halsband befestigt, allerdings ist sie lang und man spürt es nicht mehr.
Meinem Herrn ging wohl mein Gezappel auf den Geist und er befestigte die andere Kette an meinem Bein und nahm die Doppelmanschetten, die wie eine 8 geformt sind, wie zwei Manschetten, die aneinander genäht wurden und fesselte meine Hände damit und sagte etwas wie: "Nun ist hoffentlich Ruhe." Kein brutaler Ton, oder auch nur unfreundlich. Neutral eher, jedenfalls war mir klar, dass er nicht böse war. Er sagte noch, ich soll ihn wecken, wenn ich anders zugedeckt werden möchte, oder auf die Toilette muss, oder mich eine Mücke plagt (ich habe eine Überempfindlichkeit gegen die Stiche) und schlief dann wieder ein.
Ich lag noch etwas wach, aber wirklich bereits ruhiger und konnte mit einem Hörbuch dann irgendwann auch schlafen.
Heute morgen alberten wir ein wenig im Bett herum, bevor wir aufstanden und frühstückten und den Tag begonnen und es war schön, weil es leicht und einfach war und nicht getrübt und auf hab Acht Stellung.
Nur leider war dann wieder alles ohne DS, ohne roten Faden.
Jeder erledigte sein Zeug, spielte was, machte Dies und Das. Nette Gespräche, eine Diskussion über Kommunikationsbücher, weil er einen anderen Favoriten hat, als ich und jeder darlegte, warum er so denkt, ohne zu streiten, eher interessiertes Zuhören und der Gedanke dem jeweils anderen Ratgeber nochmal eine Chance zu geben und dazuzulernen.
So plätscherte es weiter...
Abends sagte ich endlich, was ich schon lange denke, dass der rote Faden für mich fehlt, dass mir so die der Halt fehlt, ich ungemein viel Streß habe, alles eine Wiederholung, dass xte mal ausgesprochen, jedesmal in der Hoffnung, dass es dieses Mal etwas ändern wird.
Ich vertrage dieses an - aus Geschalte nicht mehr.
Gerade wenn man ein wenig vertraut, sich ein wenig öffnet, ein wenig versucht zu entspannen, ist es auch schon wieder weg und man wird beim nächsten Mal nur misstrauischer und möchte sich nicht mehr öffnen, möchte sich gar nicht mehr erst wohlfühlen, damit es einem nicht wieder genommen werden kann.
Mittlerweile denke ich mir, dass ich mir zu viele Gedanken mache, die sich mein Herr machen müsste. Dass er Lösungen finden müsste, weil es seine Führung sein muss und nicht dass ich immer Vorschläge, Ideen und Ratschläge (oft nicht meine eigenen) einbringen muss, die er dann für sich überprüft, verändert oder wegwirft.
Dann hatte ich auch schon versucht einfach zu warten, nichts zu tun, einfach nur warten und das war sehr schwierig für mich und brachte so gesehen auch nichts.
Und jetzt?
Jetzt bin ich bei einer anderen Form von Warten angekommen. Ein pessimistisches Warten, bei dem man nicht mehr alles mit macht und sich drauf einlässt und sich freut und gut fühlt.
Eher ein skeptisches betrachten, sich nicht verweigern, jedoch auch nicht einbringendes Warten.
Das klingt alles so ungesund und ich frage mich immer wieder, ob vielleicht einfach zu viel vorgefallen ist, ob wir zu verschieden sind, ob wir an einer Beziehungsleiche herum schnibbeln, die schon am Verwesen ist...
Die Hoffnung ist nicht tot, nur sehr geschrumpft, von meiner Seite, so sehr, dass man nicht mehr mitarbeiten möchte, weil man gefühlt immer wieder zurückgestoßen wird und erst, wenn der Andere merkt, dass man gar nicht mehr kann, wieder einen Happen zugeworfen bekommt...
Das Märchen von des Kaisers neuen Kleidern kommt mir immer wieder in den Sinn, aber in einer etwas anderen Interpretation als der gängigen: In einer D/s-Beziehung fällt dem Herrn die Rolle des Kaisers zu – eine weise Sklavinnenschwester von Haustierchen spricht vom "König", meint aber, denke ich, das Gleiche –, die Sklavin ist das Volk, das den Kaiser kritisch vor sich sieht und entscheidet, ob es ihn "nackt" sieht, befangen in der eigenen Hybris und seiner ganzen menschlichen Jämmerlichkeit, oder ob es sich die prächtigen Gewänder vor Augen führen kann, die der Kaiser zu tragen glaubt. Ohne den wohlwollenden Blick der Sklavin ist der Herr nichts; ja, er muss Dominanz etablieren und leben, aber jeder Akt der Dominanz kann vor einem kritischen Auge zu einer leeren, lächerlichen Geste werden. (Gleiches gilt natürlich – wir denken an Hegels Bild von der Dialektik von Herr und Knecht – cum grano salis auch für die Sklavin: Wenn Haustierchen im Supermarkt kniet, könnte das ein ganz banaler Akt sein, nichts Besonderes, oder aber – mit den Augen des stolzen Herrn gesehen, vor dem sie kniet – ein Akt der Unterwerfung, der Hingabe, der in seiner Schlichtheit Würde ausstrahlt und einfach schön ist.
Es geht nicht um Happen, es geht um Blicke, "frames", die wir dem Ganzen geben. Und wenn wir uns streiten, fallen wir im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Rahmen, wir legen den falschen "frame" an; und das ist unsere große Aufgabe: den Anderen so sehen, dass er in seiner Rolle blühen und wachsen kann. (Ich verstehe "Rolle" hier nicht als etwas Gespieltes, sondern als die Funktion, die man in der Beziehungsdynamik einnimmt.)
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