Monsieur machte viele Sachen ganz früh, noch bevor wir uns sahen oder gar telefonierten teilweise.
Ich bekam ein Buchpaket von ihm zugeschickt, da hatten wir lediglich ein wenig geschrieben. Nicht viel später bestellte er eine Hundepeitsche und das Kniekissen. Er bestellte Füller und Tinte, ein Notizbuch, Konzertkarten für Einaudi.
Das zusammen ergibt ein wundervolles Bild von dem, wie Monsieur so tickt und was ihn ausmacht, was unsere Beziehung aus macht.
Eine Mischung aus Bildung, Dokumentation, BDSM, Kultur, mit dem Touch seiner konservativen Art.
Genau mein Ding.
Ich mag dieses platte "Gehorche und halte ansonsten den Mund, Sklavin." nicht, denn es zeigt, dass der Dom Angst vor der Intelligenz der Sklavin hat. Ok, nein, ab und an mag ich es, in gewissen Situationen, jedoch nicht als Grundeinstellung.
Es reizte mich damals sehr, dass Monsieur unter anderem auch Interesse an meinem Inneren hatte und mich weiter bringen wollte, aus mir eine Zierde machen, so dass ich ihn stolz machen würde, durch meine Allgemeinbildung.
Die meisten Doms schauen auf das Äußere, den Gehorsam, wie viele Löcher benutzbar sind. Das ist ja für den Moment vielleicht spannend, aber hat die Mentalität eines Kleinkindes mit neuem Spielzeug, dass nach kurzer Zeit in die Ecke geschmissen wird, weil es eben wieder einen neuen Anreiz braucht.
Wenn man polygam lebt, herum swingt und oft Abwechslung hat, kann das auch funktionieren, ansonsten hätte ich die Sorge, dass man schnell fallen gelassen wird.
Wie dem auch sei, war ein wichtiges Merkmal von Monsieur, dass ihm mein Aussehen nicht so wichtig war, was mir mehr schmeichelte, als alle anderen Sprüche, von wegen wie hübsch/geil/sexy ich sei.
Monsieur machte damals das, was ich üblicherweise auch machte, jeder auf seine eigene Art. Ich investiere erst einmal ein Paket Vertrauen in einen Menschen, den ich neu kennenlernen und was dieser Mensch damit macht, ist seine Sache. Er kann es vermehren, oder zerstören.
Monsieur investierte anfangs sehr viel Vertrauen in mich. Er besorgte diese Sachen, mit dem Vertrauen, dass mehr aus uns wird.
Es zog sich auch weiterhin durch den Beginn unserer Beziehung.
Während ich mir nie sicher war, ob es ein gemeinsames Morgen gibt, war er überzeugt, es gibt keine andere Option einer Zukunft, außer eine gemeinsame.
Ich ging damals 3-5 x die Woche ins Fitnessstudio, Monsieur wollte wissen wie es ist und schloss einen Vertrag ab, weil wir gemeinsam dort Spaß hatten und er öfter mitkommen wollte. Ich stand maulaffenfeil daneben und konnte es nicht glauben.
Als wir uns kennenlernten, fand er mein damaliges Halsband zu auffällig und bat mich, es abzulegen. Für mich war das ein Genickbruch und ich erklärte, dass ich das nicht machen kann und was es mir bedeutet, dann solle ich wenigstens die Armreifen ablegen, was ich auch tat, aber er war es, der nur wenig später das wunderschöne Halsband aus Titan kaufte, was ich seit dem trage und das auf seinen Wunsch hin, mit dem Ring permanent dran.
Gerade anfangs, als ich noch meine Probleme hatte, an eine gemeinsame Zukunft zu glauben, band mich das sehr an Monsieur.
Der Gedanke, er investiert Hoffnung in mich, immer wieder und er glaubt an eine gemeinsame Zukunft.
Das fehlte mir, fehlt mir selbst heute noch oft.
Ich habe irgendwann, während meiner kaputten Ehe, verlernt an eine gemeinsame Zukunft zu glauben.
So sehr verlernt, als dass ich es wirklich nicht mehr richtig kann und dann ist jeder Streit, jedes kleine Wort, dass Monsieurs Zweifel ausdrückt, in meinen Ohren, ein Schlussstrich und in Gedanken suche ich mir eine Wohnung und Lösungen, wie ich möglichst schnell weg komme.
Monsieur meint dann, dass ich keine Gefühle für ihn hege, dass ich auf dem Sprung bin, weil es mein Wunsch ist, dass ich weg kann.
Jeder hat seine Vergangenheit, hat seine Trigger und seine Leichen im Keller, die beeinflussen, was man wahrnimmt und hört.
Monsieur hat meine teilweise leider durch sein Verhalten verstärkt, denn jedes "früher ging es mir besser" und "früher hatte ich mehr Ruhe" und "früher war...", fütterte meine Sorgen und Ängste, so dass sich mein Fluchtinstinkt nur weiter in mich rein fraß und mehr und mehr Platz eingenommen hat, so dass ein kleiner Wink bereits reicht und ich anbiete auszuziehen.
Früher hätte ich nun gesagt, dass ich versuchen werde daran zu arbeiten, mittlerweile habe ich aber dazugelernt und weiß, es bringt nichts, wenn ich alleine daran arbeite, auch Monsieur sollte an gewissen Stellen sein Verhalten ändern, denn sonst ist ein Miteinander unmöglich.
Wenn lediglich einer an der Beziehung arbeitet, an sich arbeitet, kann es nie genug sein. Das können nur beide zusammen schaffen.
Monsieur hat sich in unserer gemeinsamen Zeit ebenso verändert und nicht zum Besseren und es tut mir aufrichtig leid das zu schreiben.
Ich höre Einaudi und denke an sein früheres Ich zurück, an die Gesten und Hoffnung, die er in mich steckte, an den Menschen, wie er war und wie er heute ist, den Unterschied und frage mich, wie wir es so weit kommen lassen konnten, wodurch es passiert ist und wie wir zurück finden, zu dem Ich, in das der jeweils Andere sich verliebt hat, geliebt hat und doch irgendwo noch in einem drin sein muss.
Das Ich, dass sich gewünscht hat, nackt und verletzlich zu leben, bzw. so jemanden den Raum zu geben, in dem er es für ihn macht, in dem er alles für ihn macht, einfach wirklich alles, ohne Grenzen, ohne Ängste, voller Vertrauen folgend, egal was da kommt, egal was verlangt wird, in der Gewissheit, der Andere möchte nur das Beste für einen und es nie zulassen, dass es einem schadet oder nicht gut tut.
Dahin möchte ich so gerne zurück, in diesen Raum, in dem noch alles möglich war, in dem alles offen war, in dem man darüber sprach sich tätowieren zu lassen, weil es nie wieder einen anderen Menschen geben wird.
In den Raum, in dem es keine Scham gibt, keinen Ekel, kein negatives Gefühl, weil man so vertraut ist und nur das zählt.
Dort, wo man keine einzelne zwei Menschen ist, sondern ein großes Ich, in zwei Personen geteilt, was immer miteinander verbunden ist und untrennbar.
Als all das noch eine, die einzig wahre, Option war.
Dahin möchte ich zurück.
Und ich höre Einaudi und erinnere mich wehmütig, mit feuchten Augen, weil es diesen Zauberraum mal wirklich gab und er nun so weit weggerückt ist und so viel anderer Raum dazwischen liegt.
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