Samstag, 7. September 2019

Knien ist Urlaub

Knien ist Balsam für die Seele.

Wenn ich knie, bin ich ganz ich und ganz pur und ganz vollkommen.

Wenn ich knie, verlangsamt sich meine Atmung, ich kann durchatmen, ich entspanne.

Wenn ich knie, sind meine Gedanken leiser, ich werde ruhiger, ich komme zur Ruhe.

Wenn ich knie, habe ich meinen Platz, zolle ich meinem Herrn Respekt, lebe meine Hingabe.

Wenn ich knie, denke ich klarer, fühle ich mich stiller, höre ich deutlicher.

Wenn ich knie, ist meine Welt in Ordnung, selbst wenn ich Streit mit meinem Herrn habe, oder im totalen Chaos bin, oder um mich herum ein Tornado wütet.

Wenn ich knie, dreht sich die Welt etwas langsamer, läuft alles in Zeitlupe, habe ich mehr Geduld.


Knien ist ein Schlüssel.
Knien öffnet mich.
Knien zeigt meine Seele.
Kniend bin ich.


Warum lässt mein Herr mich dann so selten knien?
Warum habe ich den Eindruck, es interessiert ihn nicht?
Warum denke ich, er mag es nicht einmal sonderlich?

Vorhin fragte ich ihn, immer wieder, warum er mich wenig knien lässt und ich bekam keine Antwort.
Er sagte, knien sei ihm sehr wohl wichtig.
Es sei ihm wichtig?
Warum lässt er mich dann selten knien? Es nutzt sich doch nicht ab, im Gegenteil!
Wenn einem etwas wichtig ist, dann fordert man es doch?
Er fordert es fast nie.

Mir ist knien wichtig, aber es ist wertlos, nutzlos, vollkommen unwichtig und egal, wenn der Herr es nicht wünscht, oder nicht fordert, dann ist es ein herum knien, wie man herum sitzt. Es ist nutzlos, bestandslos, leer.

Und wenn man seinem Herrn sagt, wie wichtig es einem ist und er lässt einen knien, dann fühlt es sich an, als wäre er ein Wunscherfüller und täte es lediglich, damit man mir etwas Gutes tut, aber das tut mir nicht gut, gar nicht gut und es macht das Knien wieder wertlos, nutzlos, leer.

Ich würde ihn gerne verstehen, gerne sehen was er sieht, gerne begreifen können, damit dieser gefühlte riesige Spalt zwischen uns kleiner wird, aber im Moment wächst er nur und wird immer größer, denn egal was ich sage, egal was ich mache, es ist falsch, es ist gemein und böse und es verletzt ihn.

Ich irre herum, ich traue mich schon nicht mehr irgendwas zu tun, irgendwas zu probieren, irgendwas aktiv zu machen, weil immer alles in einer Schimpftirade endet, immer nur im Streit mündet.

Tue ich nichts, führt es auch dazu.

Es fühlt sich an, als würde er mich langsam, Schritt für Schritt los werden wollen, als würde er langsam, Schritt für Schritt mich weg schieben, indem er mir zeigt, wie schlecht ich bin, obwohl ich diene, obwohl ich mich an Regeln halte, obwohl ich keine Widerworte gebe, obwohl ich brav bin.

Wenn man alles was man macht falsch macht und wenn man nichts macht, es auch falsch macht, was soll, was kann man dann noch machen?

So ratlos fühle ich mich, so ratlos bin ich und so hilflos, so unendlich haltlos, so leer.

Und nein, ich schreibe es nicht, damit irgendwer informiert wird, wie schlecht es mir geht, wie schlecht es uns geht, sondern damit es raus kann, weil ich real nur auf Widerworte stoße, weil ich real kein Gehör bekomme, sondern mich nur noch verteidigen muss, mich schützen muss, mich einigeln muss, damit diese Bombardierung überstanden werden kann und trotzdem fühle ich mich nur noch falsch, nicht angenommen, nicht wertgeschätzt, nicht geliebt.

Eigentlich wollte ich übers Knien schreiben, die Bedeutung, den Wert, aber wie kann man das, wenn gerade alles wertlos ist.



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