Schöner Ausflug
So subtil nahm mein Herr gestern die Leine und das Paddle oder wie auch immer man das nun wieder nennt, mit auf einen Spaziergang :)
Nein, es sah keiner (was uns sehr wichtig ist, denn man sollte keinem die eigene Sexualität aufs Auge drücken), denn später packte er die Leine komplett aus und legte sie mir an und auch das Paddle kam zum Einsatz, da ich meinen Herrn überrascht hatte und mal wieder kein Höschen trug.
Aber mal von vorne.
Uns fiel in den letzten Tagen ein wenig die Decke auf den Kopf und wir mussten raus.
Üblicherweise gingen wir immer auf einem bestimmten Berg spazieren, der mir allerdings langsam zu langweilig wurde, weil wir gefühlt jede Stelle mehrfach gesehen hatten.
Vorgestern misslang unsere Suche nach einem neuen Wald und wir hatten eine schöne Autorundfahrt bei tollem Wetter, Klimaanlage, guter Unterhaltung und schönen Aussichten. Es gibt Schlimmeres denke ich :)
Gestern hatten wir uns dann besser vorbereitet. Mein Herr suchte uns einen schönen Wanderort heraus und ich zauberte uns etwas zu essen.
Mit gutem Proviant und kühlen Getränken starteten wir und fuhren einen gigantischen Umweg, weil wir einmal falsch abgebogen sind und Google Maps meinte, wir könnten ja von der Autobahn direkt daneben auf den Waldparkplatz switchen, ohne Ausfahrt, einfach mitsamt dem Auto über die Leitblanke hüpfen. So hatten wir abermals eine schöne Fahrt und nach einer gefühlten Ewigkeit, auch den Start unseres Spaziergangweges gefunden.
Schön war, dass es einen asphaltierten Radweg gab, der hoch frequentiert war und durch einige Bäume abgetrennt, von einem Fußgängerweg mit Waldboden, so dass wir ziemlich alleine waren und keiner die Leine oder andere Aktionen sehen konnte.
Nicht so schön war, dass die Wege alle ziemlich langweilig geradeaus gingen und wirklich kultiviert waren, es wenig Abwechslung gab und das Auge irgendwie kaum beschäftigt war, außer vielleicht indem man ein paar Spinnen, Käfer und Heuschrecken sah.
Schön dadurch wiederum war, dass wir uns mehr auf unser Gespräch konzentrieren konnten :)
Ich muss ein wenig weiter ausgreifen.
Mit 19 entdeckte ich BDSM für mich und war direkt sehr aktiv unterwegs, weil ich jung und neugierig war und ausprobieren wollte, wissen wollte, wie sich alles Mögliche anfühlt, wie es wirklich ist, außerhalb meiner Fantasie, wie man es spürt und sich nicht einfach ausdenkt, sondern es durch und durch erlebt und das möglichst gefächert, obwohl mir schon immer klar war, dass ich eher devot und unterwürfig bin.
Früh band mich mein erster Dom an sich und wir blieben lange zusammen, heirateten, bekamen Kinder usw, das volle Programm, leider wurde er psychisch krank und auch aus anderen Gründen konnten wir nicht zusammen bleiben. Dann stolperte ich wieder ein wenig durch die Szene, erlebte dies und das, bevor ich mich auf eine neue Beziehung eingelassen hatte. Beide Herren waren älter als ich. 12 bzw. 14 Jahre älter. Beide hatten unweigerlich viel mehr Erfahrung als ich. Beide hatten alles Mögliche schon mit anderen erlebt, getestet, ausprobiert und irgendwie alle möglichen Fantasien bereits abgehakt.
Der Vorteil ist, dass sie wissen was sie wollen, dass sie ihre Vorlieben kennen und gewisse Tricks und Kniffe erarbeitet haben. Sie sind solide Herren, so gesehen.
Der Nachteil ist, man erlebt nichts Neues miteinander, auch wenn sie immer sagen: "Mit jeder Sklavin ist es etwas Anderes und etwas Neues, mit keiner ist es gleich.", klingt es in meinen Ohren nicht wie: "Wenn man Chili con Carne das 2. oder 3. mal aufwärmt, schmeckt es immer besser!", sondern hat etwas Fades, Ermüdendes, nicht so Schönes.
Wenn ich also gefragt hatte, was er schon immer einmal ausprobieren wollte, erleben wollte, wurde mir vermittelt, das habe man mit einer anderen Sklavin schon erlebt, könne es ja ggf. nochmal machen.
Alles hat Vor- und Nachteile.
Mein jetziger Herr ist nicht so viel älter als ich und hat weniger Erfahrungen als ich. Was mir anfangs also sehr fremd war und mich oft in Situationen brachte, die ich rein gar nicht kannte. Da ich so früh begonnen hatte, war ich es gewohnt, immer zu den jüngsten Leuten zu gehören, immer nicht so viele Erfahrungen zu haben und mich von anderen (an-)leiten zu lassen und nun war der Spieß einfach mal umgedreht worden!
Ich bin ein Gewohnheitstier, mir fallen neue Dinge nicht so leicht wie anderen und ich mag sie erst einmal nicht, muss lernen, mich damit zu arrangieren, und tue mich schwer damit.
Also was tat ich? Ich versuchte, die Vorteile zu sehen!
Endlich mal jemand, mit dem man neue Dinge erleben kann! Die man selber vielleicht nicht kennt, die er nicht kennt, auf die eigene, persönliche und einzigartige Weise für sich erschließen und durchforschen. Wow!
Anfangs hatten wir, als wir noch frisch zusammen waren und auch nicht zusammen lebten, auf dem Heimweg nach einem Treffen, unsere Manöverkritik. Ja, genau mit dem Namen leiteten wir es auch ein und es war immer lustig formuliert, wir lachten, zogen misslungene Situationen durch den Kakao und vermittelten so auf spaßige Art, ohne den anderen zu verletzten, oder ihm auf den Slips zu treten, was man gut fand und was nicht und wie man es vielleicht besser gefunden hätte.
Es war immer auch ein Highlight für uns, und obwohl es Kritik hagelte, hatten wir teilweise Lachtränen in den Augen.
Das vermisse ich sehr und mein Herr nicht minder, vermute ich.
Damals waren es kleine Situationen, keine Grundsatzdiskussionen. Es waren kleine Sessions, wenn man es so nennen mag, für uns eher Erkundungstouren in unsere tiefen Keller unserer Seele, zu unseren Abgründen runter, denn jeder Mensch hat ganz dunkle Fantasien in sich und nur wenige haben den Mut, diese überhaupt wahrzunehmen oder sie sehen zu wollen und noch weniger wollen sie wirklich umsetzen, aber zu diesen wenigen gehören wir. In den Keller steigen, schauen was dort ist, und sich darin wohlig einmummeln und es genießen!
Davon sind wir mittlerweile abgekommen, wie wir gestern vom Weg zum Wanderpfad abkamen, als wir einmal falsch abgebogen sind und Google uns komplett in die Irre geführt hatte. Wir brauchten zig Kilometer, um zurück zu finden, um dann festzustellen, wie einfach wir es gehabt hätten, wenn wir anders gefahren wären und Google nicht beachtet hätten.
Der Alltag bestimmt unser Leben und wir kämpfen dagegen und arbeiten daran, nach wie vor.
Erster Schritt, einen Rahmen zu schaffen. Einen Rahmen für den Alltag, um unsere Neigung präsent ausleben zu können, ohne sie über den Tag zu verlieren.
Klingt einfach, ist es aber nicht.
Es ist wie der berühmte Schlüssel, oder Brille, oder Geldbeutel, den man verlegt, weil man in die Wohnung kam und ihn irgendwo hingelegt hatte, abgelenkt von der Katze, die einen miauend begrüßt und dem Regenschirm in der Hand, der stetig auf den Boden tropft und den man möglichst direkt in die Badewanne legen will, damit er nichts einsaut.
Letztens redete ich mit einem Stino (der nichts von meiner Neigung meint, auch wenn er sagte: "Deine Halskette ist nicht gerade subtil") darüber, wie anstrengend Beziehungen sind.
Permanent muss man sich auf eine weitere Person einlassen, Rücksicht nehmen, auf sie eingehen und Dinge beachten.
Das Gegenüber hat mal schlechte Laune, ist mal traurig, braucht mal mehr Aufmerksamkeit und Empathie, auch wenn es einem gerade so gar nicht in den Kram passt.
Dauernd muss man sich zusammenreißen, beherrschen und nur selten kann man einfach sein, obwohl man das seinem Gegenüber gönnt und er es einem auch.
Single sein ist allerdings auch nicht das Gelbe vom Ei. Man ist einsam, kann nichts mit seinem Partner teilen, macht vieles alleine und hat abends im Bett keinen zum Kuscheln. Sex lasse ich gerade bewusst aus.
Aber warum ist eine Beziehung denn so viel Arbeit? Warum kostet sie so viel Kraft?
Mein Herr und ich haben ziemlich früh festgestellt, dass wir komplett verschieden kommunizieren.
Früher hätte ich behauptet, so große Unterschiede kann es nicht geben. Doch, kann es, leider.
Das alleine ist schon ein Riesenposten an Energie. Sich überlegen, wie man etwas mitteilt, so dass der andere es nicht missversteht, oder missdeutet, wenn das Thema mal nicht so schön ist. Aber auch wenn man normal quasselt, kann es plötzlich einen Knick geben, der andere hat es in den falschen Hals bekommen und schon herrscht Stunk.
Ein erfahrener Herr würde die Sklavin vielleicht direkt auf den Boden schicken, denn die Körperhaltung verändert auch automatisch etwas im Kopf, so dass man umdenkt, ohne dass man es unbedingt möchte.
Streite mal, wenn Du auf dem Boden bist, Stirn abgelegt, Arsch in der Höhe und ein anderer steht vor Dir, ragt auf, schaut zu Dir herunter. Da passiert viel im Gefühlsleben, einfach so.
Streit zieht sich mittlerweile wie ein roter Faden durch unsere Beziehung, obwohl keiner streiten möchte und wir beide es verabscheuen.
Ich bin dann die, die aufgeben und alles hinschmeißen möchte, sich denkt, es gibt vielleicht irgendwo einen passenderen Menschen, bei dem man nicht erst die Kommunikation umstellen muss, bei dem man wirklich einfach sein kann, wie man ist.
Mein Herr hält dann erst recht an der Beziehung fest, was mich einengt und ich mich unangenehm gefangen fühle, um erst recht zu strampeln und zu kämpfen, um wegzukommen.
Würde er das nicht tun, könnte ich auch mal auf ihn zukommen und mich meiner Position gerecht verhalten können, statt dessen eskaliert ein Streit immer weiter, bis ich wirklich gehe und er hinterher kommt und ich sehr lange brauche, bis ich ihn wieder an mich heran lassen kann.
Wir sind keine Teenager mehr, die frisch verliebt sind und Streit und Streß erfinden müssen, um Liebeskummer zu bekommen und sich bei traurigen Liedern die Augen auszuheulen.
Die wirkliche Tragik ist, dass man in dem Alter angekommen ist, wo man nur Ruhe möchte, kein Drama und genau das nicht hinbekommt.
Künstlich das Drama zu umgehen ist unweigerlich schwieriger, und ich jedenfalls schaffe es nicht.
Aber gut.
Hätten wir unseren stabilen Rahmen, würde auch die Grundlage von Streit und Streß geringer werden, umso wichtiger ist es, diesen Rahmen zu erschaffen, aber solide und stabil und fest, so dass nicht das nächste Lüftchen ihn umwehen kann.
Das ist eine Kunst.
Regeln zu finden, die funktionieren und sinnstiftend sind.
Rituale zu finden, die erfüllen und fokussieren.
Einschränkungen zu finden, die einen Klassenunterschied zwischen Luxus, Standard und Holzklasse erschaffen, so dass man upgraden und downgraden kann, je nach Verhalten.
Da fehlt dann wieder die Erfahrung, die alte Herren mit anderen Sklavinnen sammeln konnten, die damals vielleicht darunter leiden mussten, wo ich dann die Belohnung zu spüren bekam, weil sie es gelernt hatten.
Nicht missverstehen, ich liebe meinen Herrn und ich unterstütze ihn. Ich glaube an ihn und ich vertraue ihm. Ich kenne ihn und weiß, es steckt in ihm. Ich weiß, dass er es schaffen kann, er steht sich im Moment nur etwas selber im Weg und hat es schwer. Nein, er macht es sich schwer, leider.
Ich stehe dabei, versuche ihn zu unterstützen und zu helfen, auch wenn er im Moment vielleicht selber denkt, die Kraft nicht zu haben, oder anders gesehen, wenn wir streiten, will ich weg und alles hinschmeißen und er hält an mir fest. Wenn es ruhig ist wie im Moment, dann ist es umgekehrt, dann schaut mein Herr sein Leben an wie es vor mir war, als er alleine war und keine Familie adoptiert hat, als er seine Ruhe jederzeit haben konnte, als seine ganze Wohnung ein Ruhepol war und als alles noch einfacher war, einsamer, aber einfacher und dann halte ich an ihm fest und sage, dass wir es kombinieren, verknüpfen und verweben können, zu dem Bild, was wir beide als unsere Zukunft definiert hatten, zu dem, wie wir leben wollten. Dann versuche ich ihm die Stärke zu vermitteln, die er leider gerade nicht selber spüren kann.
Offen gesagt, ich bin nicht gut darin, ich bemühe mich, aber hmm meine Kompetenzen liegen in anderen Bereichen, fürchte ich.
Man kann schon zurück blicken in die Vergangenheit, aber sollte beachten, dass man es immer rosiger ausschmückt, als es war, denn als ich meinen Herrn kennen gelernt hatte, war er auch nicht super zufrieden mit seinem Leben, damals fehlte ihm eine Sklavin bzw eine Partnerin, mit der er teilen kann. Schöne Momente teilen, schöne Erlebnisse, schöne Abstiege in die Kellerseelen, schönes Essen, schöne Ausflüge, schöne.... ach alles eben.
Wir betrachten zu viel die Vergangenheit, die wir nachträglich in den schönsten Farben ausmalen und Gefühle hineininterpretieren, die wir damals nicht hatten und damit unser Heute, unser Jetzt schlecht zu machen, statt diese Energie in ein Gestalten der Gegenwart und somit Zukunft zu stecken und das muss aufhören.
Der erste Schritt ist der Rahmen. Der bombenfeste solide Rahmen.
Der Rahmen, auf den wir dann irgendwann zurück blicken können und sagen werden: "Man, wie doof war die Zeit davor, wie schwer haben wir es uns denn gemacht? Total bescheuert, so im Nachhinein betrachtet!" und darüber lachen können.
Aber nun muss der erste Schritt folgen, wohl bedacht und gut gesetzt.
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