Sonnenschein und Regenschleier




Ich sitze sehr gerne auf dem Balkon und lese :)
Mein Herr ging dazu über, mich dort anzuketten, am Geländer, so dass man es, theoretisch, auch von der Straße aus sehen kann.
Ein wenig sorgte er sich, ob es mir etwas ausmachen könnte, aber da ticke ich anders und freute mich eher. Gesehen hat es, glaube ich keiner, aber das wäre auch kein Anlass zur Freude für mich gewesen, sondern der Gedanke, dass dort unten freie Menschen laufen und ich nicht frei sein darf/muss/soll :)

Ich bin nicht gerne frei.
Wenn es nach mir ginge, könnte ich permanent irgendwo angebunden oder angekettet sein, frei von der Entscheidung, was ich machen darf, da nur Dinge in Frage kommen, die in meiner Reichweite sind.
Frei von der Entscheidung, wohin ich gehen soll.
Frei von der Entscheidung, ob ich fragen muss oder soll, wenn ich etwas machen möchte, oder es einfach zu tun.
Frei von der Entscheidung, ob ich um etwas bitten soll oder muss.

Einfach frei eben :)


Im Auto bin ich auch angeleint.
Heute zum Beispiel fuhren wir unter einer Fußgänger Brücke durch und seit wir mal selber auf einer standen und runter schauten und uns immer wieder gewunken wurde, winke ich selber gerne und halte Ausschau.

Ganz selten entdecke ich mal wen und winke dann und noch seltener winkt jemand zurück.

Heute sah ich zwei Polizisten auf der Brücke, aber ich verkniff es mir zu winken, weil ich Sorge hatte, dass sie meinen könnten, ich würde um Hilfe winken.
Mein Herr belohnte es und kraulte mich ein wenig und grinste breit, während er Scherze darüber machte, wie es sonst weiter gegangen wäre :)


Mein Tagesplan, nicht so ein minutiöser, sondern der grobe Alltags Tagesplan ist wieder ins Stocken geraten, leider.

Wir haben dadurch, so empfinde ich es, ein großes Durcheinander :(
Kein abendliches Ritual, aber ich frage, ob ich ins Bett darf.
Auch kein morgendliches, aber ich frage ihn, wie er frühstücken möchte und wann.

Die Nackthaltung ist gerade auch kein Thema mehr, leider. Ich habe ein wenig versucht einen Kompromiss zu finden, um mich nicht aufzudrängen und es durchzuziehen, ohne dass er es wünscht und ich hätte mich damit genau genommen nur selber dominiert. Also zog ich eine Schlabberhose an, die seitlich geschlitzt ist und einen guten Einblick und Eingriff gibt. Oder meinen gewohnten XXXL Hoodie, wie gewohnt.
Er sagte nichts weiter dazu.




Heute gibt es keine Leine auf dem Balkon, aber ich hatte Ausgang, während mein Herr arbeiten musste.
Diesmal gab es auch keine Shopping-Überraschungen, sondern eine kleine Bildertour auf dem Handy :)

Ich startete vom Auto aus und ging um ein Feld herum, entdeckte einen gigantisch großen umgestürzten alten Baum, einen Fluss, kleine Babyfischchen, eine interessante Brücke, mehrere Koppeln voller Pferde, Jungenten die grundelten und einen Streichelzoo :)

Vollgesabbert holte er mich dann wieder ab und ich präsentierte ihm die Schnappschüsse, erzählte was ich sah und erlebt hatte und er freute sich scheinbar, auch wenn mein Herr sehr müde und erschöpft rüber kam.


Ich versuche ihm alles abzunehmen was ich kann und dennoch scheint es nie genug zu sein. Das macht mich traurig.

Wenn man all seine Kraft und Energie investiert und gefühlt verpufft sie und bringt keinen Erfolg.

Für Regenbögen braucht es Sonne und Regen, sagt man doch. So haben wir manchmal ganz kleine Regenbogenmomente und versuchen an denen festzuhalten und sie auszuquetschen, wenn es gerade mal wieder schüttet.

Morgen ist mein Herr alleine unterwegs, was nicht schlimm ist, da sich Wäsche angehäuft hat und ich mich kränkelig fühle. Auch gibt es genug im Haushalt zu tun und gerne würde ich in meinem Buch weiter kommen.

Ich beschäftige mich viel mit anderen Dingen, damit mein Herr nicht das Gefühl hat, er müsste mich unterhalten. Das ist nicht sein Job, sondern meiner. Für ihn da sein, schauen, dass es ihm gut geht und er Spaß hat.

Ich versuche mich dann abzulenken, beschäftigt zu sein, so dass er seinen Kopf frei hat und sich keine Sorgen machen muss, ob er mich vernachlässigt, oder ich mich langweile.
Zu tun gibt es immer genug :)
Ich möchte einfach mal, dass er nicht nur zufrieden, sondern glücklich ist, länger als wenige Momente.
Dass er strahlt und mehr Energie hat und sich wohl fühlt und glücklich ist.
Dafür kämpfe ich und stelle meine Bedürfnisse sehr zurück, verkneife mir vieles und verdränge es.
Mein Glück entsteht durch sein Glück. Erst wenn er es ist, kann ich es sein.



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